Die E-Risk Longitudinal Twin Study ist eine bevölkerungsbasierte Kohortenstudie von insgesamt 2232 Zwillingen, die zwischen 1994 und 1995 in England und Wales geboren wurden. Alle Studienteilnehmer wurden im Alter von fünf, sieben, zehn und zwölf Jahren sowie mit 18 Jahren auf ADHS-Symptome untersucht. 359 Studienteilnehmer waren an einer ADHS erkrankt, die 1681 übrigen dienten als Kontrollen.
Für die Auswertung wurden drei zeitliche Muster betrachtet und miteinander sowie mit den Kontrollen verglichen: In der Kindheit aufgetreten und danach persistierende ADHS (n = 54), in der Kindheit aufgetretene und mit 18 Jahren remittierte ADHS (n = 193) und eine lebensgeschichtlich spät aufgetretene (‚late-onset‘) ADHS (n = 112).
Primärer Fokus lag zum einen auf komorbiden psychischen Krankheiten wie Depression, Substanzmissbrauch, Suizidversuche, Selbstverletzungen etc. nach dem Diagnostic Interview Schedule (DIS). Zum anderen wurden die körperliche Gesundheit (BMI, Nikotinkonsum, Unfälle/Verletzungen), der sozioökonomische Status (Ausbildungs-/Beschäftigungsstatus, Strafregister) und das psychosoziale Outcome (nach Satisfaction with Life Scale, Multidimensional Scale of Perceived Social Support, Compulsive Internet Use Scale) erfasst.
Die Teilnehmer aller drei ADHS-Gruppen zeigten mit 18 Jahren ein signifikant erhöhtes Risiko, ausbildungs-/beschäftigungslos zu sein, noch am geringsten bei jenen mit late-onset ADHS (50,3% bzw. 64,8% bzw. 33,0 vs. 15,7% der Kontrollen). Das gleiche galt für die Delinquenz (25,9% bzw. 25,0% bzw. 15,3% vs. 7,9% der Kon-trollen).
Im Einzelnen fand sich darüber hinaus bei den 193 jungen Erwachsenen mit remittierter ADHS eine schlechtere körperliche Gesundheit und eine niedrigere Lebensqualität gegenüber den Kontrollen, aber – erstaunlicherweise – keine erhöhte Rate an psychiatrischer Komorbidität außer Beziehungsstörung (23,6% vs. 11,9%; Odds Ratio: 1,53; p = 0,033).
Die 54 bzw. 112 Patienten mit einer im jungen Erwachsenenalter persistierenden oder einer late-onset ADHS wiesen dagegen – mit vergleichbar hohen Effektstärken – in ALLEN Bereichen verglichen mit den Kontrollen ungünstigere Befunde auf: Sie litten bspw. signifikant häufiger unter Angst (24,1% bzw. 16,1% vs. 6,4%; OR: 6,07 bzw. 2,91), Depressionen (35,2% bzw. 42,9% vs. 17,9%; OR: 2,73 bzw. 3,41), Beziehungsstörung (38,5% bzw. 35,1% vs. 11,9%; OR: 3,49 bzw. 4,16) und hatten auch häufiger Suizidversuche/Selbstverletzungen (27,8% bzw. 26,8% vs. 13,0%; OR: 2,88 bzw. 2,37) begangen. Sie waren außerdem deutlich häufiger Cannabis-abhängig (OR: 3,91 bzw. 3,96) und Raucher (OR: 2,29 bzw. 2,60). Die zusätzliche Prüfung auf potenziell beitragende Faktoren ergab, dass die gefundenen Gruppenunterschiede nicht durch Variablen wie Intelligenzquotient (IQ) als Kind, Beziehungsstörung im Kindesalter oder gemeinsame familiäre Faktoren der Zwillinge signifikant beeinflusst wurden JL