Generalisierte tonisch-klonische Anfälle

Neuro-Depesche 3/2016

Was beeinflusst die Dauer der Anfälle?

Zertifizierte Fortbildung

Je länger ein generalisierter tonisch-klonischer Anfall (GTSC; syn.: Grand mal) anhält, desto gefährlicher wird es für die Betroffenen. In einer retrospektiven Analyse haben Neurologen aus China nun nach Faktoren gesucht, die die Dauer der Grand mal-Anfälle beeinflussen.

Eingeschlossen wurden 153 Patienten mit mindestens einem EEG-dokumentierten Anfall. Insgesamt ereigneten sich 310 generalisierte tonisch- klonische Anfälle, von denen 35 von der Auswertung ausgeschlossen wurden (aufgrund eines zweiten Anfallsgeschehens innerhalb der nächsten 60 min, einer intravenösern AED-Gabe oder eines sich anschließenden Status epilepticus). Die Dauer der verbleibenden 275 Anfälle wurde anhand der Dauer von sieben Anfallsphasen bestimmt: Phase 1 „einfach fokal“ (21% der Anfälle), Phase 2 „komplex fokal“, „klonisch“, „tonisch“ oder „Absence“ (60,7%), Phase 3 „Beginn der Generalisierung“ (51,3%), Phase 4 „prä-tonisch-klonisch“ (23,6%), Phase 5 „tonisch“ (75%), Phase 6/7 „klonisch“ (100%), besonders der Phasen 3 bis 7. Nur 12% der Anfälle umfassten die letzten fünf Phasen.
Durchschnittlich hielt ein Anfall 74,6 ± 37,6 s an. Waren die Kinder zum Zeitpunkt der ersten Anfälle jünger als zwei Jahre, dauerten die Anfälle im Durchschnitt 88,3 s und damit deutlich länger als bei den Kindern mit späterem Erstanfall (p = 0,033) – dies betraf vor allem die Anfallsphase 6/7. Die Signifikanz bestand für die Jüngeren auch gegenüber den einzelnen Altersgruppen: erster Anfall mit 3 bis 7 Jahren (p = 0,015), 8 bis 13 Jahren (p = 0,033) und ≥ 14 Jahren (p = 0,015).
Außerdem signifikant länger waren die 153 Anfälle, bei deren Beginn die Kinder wach waren: Sie dauerten 76,2 ± 38,5 s gegenüber 66,3 ± 27,8 s der 122 Anfälle, die im Schlaf der Kinder auftraten (p = 0,017).
Ob ein GTCS in Phase 1/2 (primär) oder in Phase 3–7 (sekundär) auftrat, beeinflusste die Anfallslänge dagegen nicht signifikant (67,2 ± 26,8 vs. 73,4 ± 36,4 s; p = 0,365). Auch keiner der zahlreichen anderen Faktoren standen in einer signifikanten Relation zur Anfallsdauer, darunter das Lebensalter (p = 0,55), Geschlecht (p = 0,6), neurologische Befunde (p = 0,73), kognitiver Status (p = 0,5), positive Epilepsie-Familienanamnese (p = 0,34), Lokation der MRT-Befunde (p = 0,71), Antiepileptika-Therapie (p = 0,29), Anzahl der Anfälle (p = 0,46) oder Dauer der Epilepsie (p = 0,8). NW
Kommentar

Ein Alter unter zwei Jahren und Wachheit bei Anfallsbeginn waren die einzigen Faktoren, die die GTSC-Dauer signifikant beeinflussten. Auch primär und sekundär generalisierte Anfälle unterschieden sich in ihrer Dauer wider Erwarten nicht voneinander



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Pan S et al.: Factors influencing the duration of generalized tonic-clonic seizure. Seizure 2016; 34: 44-7

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