Während beim männlichen Geschlecht die Hyperaktivität im Vordergrund stehe, solle bei weiblichen Patienten mehr die Unaufmerksamkeit dominieren – mit dem klassischen Phänotyp „stille Träumerin“. Zu den Geschlechterunterschieden lägen allerdings wenige Untersuchungen vor, so Dr. Andrea Boreatti, Lohr. Zwar existieren geschlechtsspezifische Diagnoseinstrumente, z. B. die ADHS-Selbstbeurteilungs-Skala für Frauen, doch sind diese aufgrund fehlender Validierung formal nicht einsetzbar. Als einzige Unterscheidung zwischen Mann und Frau besagen Studienergebnisse der Universität Würzburg (n = 1.000), dass bei Frauen häufiger der ADHS-Mischtyp vorliegt. Frauen oder Mädchen sind durchaus impulsiv, auch wenn dies nicht den Rollenklischees entspricht. „Vielleicht müssen wir anders hinschauen, weil die Kernsymptome auch bei ihnen vorhanden sind, aber ihr Umgang damit ein anderer ist“, so Boreatti in Berlin.
Allerdings existieren beim weiblichen Geschlecht dysfunktionale Kompensationsstrategien wie Essstörungen oder Substanzkonsum. Frauen wollen die Krankheit lieber mit sich selbst ausmachen und kommen daher oft erst sehr spät mit ihren Symptomen in die Praxis, um sich psychotherapeutisch und/oder medikamentös behandeln zu lassen.
MPH wird nicht zur Anwendung während der Schwangerschaft empfohlen, doch es besteht keine absolute Kontraindikation. Fällt nach individueller Abwägung die klinische Entscheidung, dass eine Verschiebung der Behandlung ein größeres Risiko für die Schwangerschaft bedeutet, kann in Abstimmung mit der Patientin mit MPH weiterbehandelt werden. Bei bestimmungsgemäßer Einnahme wurde bislang keine Gefährdung für das Kind nachgewiesen (www.embryotox.de/arzneimittel/details/ methylphenidat). Trotz geringer Risiken, empfehlen die Experten, sollte das Einverständnis der schwangeren Patientin mit der Fortsetzung der MPH-Behandlung dokumentiert werden. NM