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Deutscher Kongress für Parkinson und Bewegungsstörungen 2022

Neuro-Depesche 4/2022

Neues zum Morbus Parkinson: Bildgebung und Tiefe Hirnstimulation im Fokus

Der Kongress der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG) in Kooperation mit dem Arbeitskreis Botulinumtoxin fand vom 24. bis 26. März 2022 virtuell statt. Das Themenspektrum war wieder sehr vielfältig
Hier einige Beiträge der von Prof. Alexander Storch, Rostock, in der Blue-Ribbon-Session als klinische Highlights ausgewählten Poster. „Besonders viel Aktivität“ verzeichnete er auf den Gebieten der Bildgebung und der tiefen Hirnstimalation (THS).
 
Glutamaterge Dysregulation bei komorbider RBD
Bei Parkinson-Patienten ist eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD) mit einer rascheren Krankheitsprogression und mit vermehrten neuropsychiatrischen Symptomen assoziiert. Dafür werden Störungen der glutamatergen Neurotransmission verantwortlich gemacht. Mittels 11C-ABP688-PET wurde nun bei 17 Parkinson-Patienten ohne und 16 mit RBD sowie alters- und geschlechtsgematchten Kontrollen die Verteilung des metabotropen Glutamat-Rezeptors 5 (mGluR5) untersucht. Danach wiesen jene mit RBD sowohl gegenüber Patienten ohne RBD als auch gegenüber gesunden Kontrollen eine signifikant niedrigere mGluR5-Dichte in Schlüsselarealen des limbischen und motorischen Systems auf: Amygdala, anteriores und posteriores Cingulum, Hippocampus, Insula, Ncl. Accumbens, orbitofrontaler, parietaler und temporaler Kortex sowie präzentraler Gyrus, Putamen, Pallidum, Ncl. caudatus und Thalamus. Parkinson-Patienten ohne RBD unterschieden sich in der mGluR5-Dichte dagegen in keiner der untersuchten Regionen von den Kontrollen. Somit scheint eine RBD bei Parkinson-Patienten mit einer glutamatergen Dysregulation einherzugehen.
 
Sagt eine GM-Atrophie das Ansprechen voraus?
In zwei Stichproben wurde untersucht, ob bestimmte Hirnatrophie-Muster in der voxelbasierten Morphometrie (VBM) das Therapieansprechen vorhersagen können. Dies wurde anhand der akuten Reaktion auf L-Dopa (n = 118) und anhand der Besserung drei Monate nach der Nucleus subthalamicus THS-Op (n = 39) erfasst: Während ein Verlust der grauen Substanz (GM) im frontoparietalen Hirn nach dem motorischen Teil der UPDRS mit einem suboptimalen Ansprechen auf die STN-THS assoziiert war, fanden sich keine signifikanten Zusammenhänge zwischen Hirnatrophie und Response auf die L-Dopa-Gabe. Da das Ansprechen auf die THS von der Integrität der GM abzuhängen scheint, könnte ein GM-Verlust in der VBM einen Risikofaktor für einen mangelnden Therapieerfolg sein – und bei der Entscheidung über eine THS hilfreich sein.
 
Real-World-Langzeitdaten zur STN-DBS
In einer retrospektiven Analyse von 57 Parkinson-Patienten mit beidseitiger STN-THS mit segmentierten Elektroden wurden die motorischen Symptome im Langzeitverlauf untersucht. Die motorischen Symptome im medikamentösen OFF verbesserten sich über die Zeit signifikant und blieben unabhängig vom Stimulationsmodus stabil. Nach zwei bis drei Jahren Follow-up nutzten mehr als die Hälfte der Patienten einen anderen Stimulationsmodus als die konventionelle omnidirektionale Stimulation, verglichen mit einem Drittel nach einem Jahr (p = 0,04). Beide Gruppen zeigten eine Verbesserung der Lebensqualität nach einem Jahr. Nach zwei bis drei Jahren konnte jedoch eine Verschlechterung der Lebensqualität auf das präoperative Niveau beobachtet werden. Dabei verschlechterten sich besonders die Subskalen „Kommunikation“ und „Kognition“. Der Widerspruch zwischen stabiler Verbesserung der motorischen Symptome und dem Rückgang der Lebensqualität könnte, so die Autoren, auf eine Zunahme nicht-motorischer Symptome (NMS) zurückzuführen sein.
 
Spektrale Verlangsamung bei CBS und PSP, aber nicht beim IPS
Um die beiden atypischen Parkinson-Syndrome (APS) Kortikobasales Syndrom (CBS) und Progressive Supranukleäre Blickparese (PSP) vom idiopathischen Parkinson-Syndrom (IPS) abzugrenzen, könnte die Magnetenzephalographie (MEG) eingesetzt werden. 14 CBS-, neun PSP- und 24 IPS-Patienten sowie 23 gesunde Kontrollen nahmen an einer zehnminütigen MEG-Ruhemessung teil. Die CBS- und PSP-Patienten wiesen (ohne Unterschied untereinander) eine globale spektrale Verlangsamung auf. Gegenüber den gesunden Kontrollen betraf dies Teile der Großhirnrinde (p = 0,003) und im Vergleich zur IPS-Stichprobe zentrale und frontale Areale (p = 0,012). Bei dem Effekt handelt es sich um eine Amplituden-unabhängige Verlangsamung von Oszillationen im Sinne einer Verschiebung spektraler Maxima hin zu niedrigeren Frequenzen, so die Autoren. Wie sie zusammenfassend erläutern, fällt gegenüber den IOS-Patienten ein Verlust an hohen Beta-Oszillationen und ein erhöhtes Aufkommen von Alpha-Oszillationen in zentralen und frontalen Hirnregionen auf. Möglicherweise könnten die MEG-Befunde der frühen Differenzialdiagnose dienen.
ICD-Codes: G20
Urheberrecht: DPG

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