„Late-onset“- versus „Very-late-onset“-NMOSD

Neuro-Depesche 11-12/2020

Je später erkrankt, desto schlimmer der Verlauf

Das typische Alter zu Krankheitsbeginn der Neuromyelitis optica spectrum disorder (NMOSD) liegt zwischen 30 und 40 Jahren. Jüngere Studien legen nahe, dass eine später einsetzende Erkrankung einen insgesamt ungünstigeren Verlauf nimmt. Forscher aus China untersuchten nun in einer retrospektiven Studie, inwiefern klinische Merkmale, Prognose und Art der Behandlung mit dem Erkrankungsalter in Zusammenhang stehen.
In die Studie wurden 116 über 50-jährige NMOSD-Patienten (100 Frauen) aus dem NMOSD/MS-Register des West China Hospital eingeschlossen. Jene 12 Patienten, die bei Erkrankungsbeginn über 70 (durchschnittlich 74) Jahre alt waren, bildeten die „Very-late-onset“(VLO)-Gruppe, die übrigen 104 (Altersdurchschnitt 56 Jahre) die „Late-onset“(LO)-Gruppe.
Obwohl sich in den folgenden Merkmalen keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen fanden, ergaben sich doch einige interessante Befunde: In der VLO- und LO-NMOSD-Gruppe betrug die durchschnittliche Krankheitsdauer 3,3 vs. 4,0 Jahre, einen monophasischen Krankheitsverlauf zeigten 5 (41,7 %) vs. 23 (22,1 %) Patienten, die durchschnittliche Zeit bis zum nächsten Schub betrug 16 vs. 8 Monate (p = 0,187). Etwa gleich häufig in beiden Gruppen waren der Nachweis von AQP4-IgG (83,3 % bzw. 85,6 %) (und auch der von Antinukleären Antiköpern [ANA] mit 41,7 % bzw. 47,1 %).
 
Behinderung und Mortalität
Der durchschnittliche EDSS-Score bei Diagnose war in der VLO-NMOSD-Gruppe mit 8,5 vs. 4,2 signifikant höher als in der LO-NMOSD-Gruppe (p < 0,001) – ebenso wie der (bei den jeweils Überlebenden) zum letzten Untersuchungszeitpunkt mit 8,5 vs. 4,0 (p = 0,01). Eine massive Behinderung (EDSS ≥ 8,0) war in der VLO-NMOSDGruppe sehr viel häufiger als in der LO- NMOSD-Gruppe (41,7 % vs. 9,6 %; p = 0,002). In der Gesamtkohorte korrelierte das Erkrankungsalter mit dem – in den schubfreien Phasen bestimmten – EDSS-Score signifikant (r: 0,49; p < 0,001). Drei der VLO-NMOSD-Patienten (25,0 %) und fünf LO-NMOSD-Patienten (4,8 %) starben durchschnittlich 4,2 ± 3,3 bzw. 2,3 ± 2,6 Jahre nach Krankheitsbeginn. Somit war die Mortalität bei den sehr spät Erkrankten massiv erhöht (p = 0,044).
Obwohl die VLO-Patienten den deutlich schlechteren Verlauf aufwiesen, erhielten nur 50 % eine Immuntherapie (Mycophenolat- Mofetil), in der LO-Gruppe waren es aber 76,9 % (p = 0,044). HL
Fazit
Der Vergleich klinischer und anderer Merkmale ergab, dass die VLO-NMOSDPatienten eine stark erhöhte Sterblichkeit und die Übelebnden bei der letzten Nachuntersuchung u.a. einen deutlich höheren Behinderungsgrad aufwiesen.
Quelle: Cai LJ et al.: Clinical characteristics of very late-onset neuromyelitis optica spectrum disorder. Mult Scler Relat Disord 2020; 46: 102515 [Epub 19. Sept.; doi: 10.1016/j.msard.2020.102515]
ICD-Codes: G36.0

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