Bei der schubförmig-remittierenden Multiplen Sklerose (MS) stellen Cladribin-Tabletten (Mavenclad®)1 eine hocheffektive Therapie dar.2 Die orale Impulstherapie mit nur zwei Kurzzeit- Behandlungsphasen im Abstand von einem Jahr weist einen charakteristischen Wirkmechanismus auf, der im Gegensatz zu einigen anderen hocheffektiven MS-Medikamenten offenbar nicht mit der humoralen SARS-CoV-2-Impfantwort interferiert: In einer israelischen Studie entwickelten die mit Cladribin-Tabletten behandelten MS-Patient*innen hohe, protektive Antikörpertiter, die jenen von unbehandelten MS-Patient*innen und gesunden Proband*innen glichen.3 Aus dieser erfolgreichen Impfantwort lässt sich eine positive Empfehlung zur COVID-19-Vakzinierung ableiten.
Die Arbeitsgruppe um Anat Achiron am Sheba Medical Center hatte jüngst bei mehr als 500 MS-Patient*innen gezeigt, dass die Impfung gegen COVID-19 mit der mRNA-Vakzine BNT162b2 infektionsprophylaktisch wirksam ist, gut vertragen wird und die MS-Aktivität nicht erhöht.4
SARS-CoV-2-IgG-Antikörper unter hocheffektiven DMT
Jetzt befasste sich das Team näher mit der humoralen Immunantwort bei MS-Patient* innen, die mit hocheffektiven krankheitsmodifizierenden Therapien (DMT) behandelt werden: Bei 172 mit BNT162b2 Geimpften (57,6 % Frauen) wurde die SARS-CoV-2-IgG-Antwort mittels eines Anti-Spike-Protein-basierten ELISA-Assays (EUROIMMUN) etwa einen Monat nach der zweiten Impfdosis bestimmt.3
Unter den 125 Patient*innen (60,8 % mit RRMS) wurden 23 mit dem oralen Purinanalogum Cladribin behandelt, 44 mit dem B-Zell-depletierenden Anti-CD20- Antikörper Ocrelizumab (i.v.) und 26 mit dem oralen Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptormodulator Fingolimod, während 32 MS-Patient*innen kein DMT erhielten. Dem Vergleich dienten 47 Gesunde.3
Unterschiede im Impfansprechen
Innerhalb von 29,5 bis 55 Tagen nach der zweiten Impfstoffdosis fielen die SARSCoV- 2-IgG-Antikörpertiter bei den gesunden Proband*innen, bei den unbehandelten MS-Patient*innen und jenen unter Cladribin-Tabletten ähnlich hoch aus (Abb. 1).3 Dementgegen entwickelten fast alle der mit Fingolimod behandelten MSPatient* innen (bei meist sehr niedrigen Lymphozytenzahlen) und die Mehrheit der mit Ocrelizumab behandelten MSPatient* innen (bei meist ausreichenden Lymphozytenzahlen) keine ausreichenden Titer an SARS-COV-2-IgG-Antikörpern (Abb. 1).3
Cladribin: Protektive humorale Immunität bei 100 %
Eine protektive humorale Immunität wurde bei 97,9 % der Gesunden, 100 % der unbehandelten MS-Patient*innen und 100 % der mit Cladribin behandelten MS-Patient* innen festgestellt, aber nur bei 3,8 % (n = 1) der Patient*innen unter Fingolimod und nur bei 22,7 % (n = 10) unter Ocrelizumab.3 Auf die humorale Reaktion hatten weder Alter noch Krankheitsdauer oder Lymphozytenstatus einen maßgeblichen Einfluss, im Falle von Cladribin und Ocrelizumab wohl aber der Zeitraum nach der letzten Medikamenten-Dosis.
Fazit: Empfehlung der Impfung
„Diese ermutigenden Ergebnisse“, so die Autor*innen, „deuten darauf hin, dass eine Behandlung mit Cladribin die Induktion einer angemessenen Impfreaktion nach COVID-19 nicht verhindert“. Sie ergänzen u. a. ‚Real-World‘-Daten, nach denen Influenza- und Herpes-zoster-Impfungen bei MS-Patient*innen unter bzw. vor Cladribin- Therapie einen effektiven Impfschutz bewirken.5,6 Dies harmoniert auch mit den Aussagen des Krankheitsbezogenen Kompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS), nach denen unter Cladribin-Tabletten ein deutlich positiveres Impfansprechen zu erwarten ist als unter Ocrelizumab oder Fingolimod.7 Aus ihrer Auswertung leiten die israelischen Autor*innen die Empfehlung ab, Cladribin-behandelte MS-Patient* innen (mindestens 4,4 Monate nach der letztes Dosis) gegen COVID-19 zu impfen.3
Seit der Zulassung 2017 wurden hierzulande mit Cladribin-Tabletten schon mehr als 5.000 Patient*innen behandelt.8
Quelle: Literatur
1. Fachinformation Mavenclad®, aktueller Stand*; 2. De Stefano N et al., Mult Scler 2021; [Epub 10. Mai ; doi: 10.1177/ 13524585211010294]; 3. Achiron A et al., Ther Adv Neurol Disord 2021; 14 [Epub 22. April; doi: 10.1177/17562864211012835]; 4. Achiron A et al., Mult Scler 2021; 27(6): 864-70; 5. Roy S, Boschert U, ACTRIMS 2021 [P059]; 6. Wu GF et al., ACTRIMS 2021 [P071]; 7. https://www.kompetenznetz-multiplesklerose.de/wp-content/ uploads/2021/03/KKNMS_Pocketcard-Impfen_08.03.2021_final. pdf (letzter Aufruf 20.08.21); 8. NeuroLive-Webinar „Die MS-Therapie mit Cladribin-Tabletten ist anders: hocheffektiv, langwirksam, gute Impferfolge,14. Juli 2021
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