Auch in Schwellenländern

Neuro-Depesche 1/2000

Wohnungslose fast immer psychisch gestört

Etliche Studien haben gezeigt, dass psychische Störungen unter Wohnungslosen in den Industrienationen weit verbreitet sind. Die Ergebnisse einer Studie aus Brasilien bestätigen dies nun auch für ein Entwicklungsland.

83 wohnungslose Einwohner der Stadt Juiz de Fora wurden mittels SCAN (Schedule or Clinical Assessment in Neuropsychiatry) psychopathologisch untersucht. Alle bis auf eine Person hatten mindestens eine psychiatrische Diagnose nach ICD-10, fast 80% Mehrfacherkrankungen. Die weitaus häufigste Diagnose war Alkohol-Missbrauch oder -Abhängigkeit bei über 80% der Wohnungslosen. Etwa ein Drittel zeigte affektive Störungen, 31 Prozent Missbrauch oder Abhängigkeit von anderen Drogen. Fast jeder Zehnte litt unter einer schizophrenen Psychose. Dabei fanden sich unter den Wohnungslosen überwiegend Schwarze oder Mulatten mit geringer Bildung, das Durchschnittsalter betrug 34 Jahre. Häufigste Ursache für das Leben auf der Straße waren familiäre Probleme wie der Tod eines nahen Angehörigen oder zerbrochene Partnerschaften und sozioökonomische Faktoren wie Arbeitslosigkeit. Jedem Fünften waren ein oder beide Elternteile unbekannt. Angesichts der Situation in vielen Entwicklungsländern - allein in Brasilien leben etwa 40 Millionen Menschen, ein Drittel der Gesamtbevölkerung, im Elend - betonen die Autoren der Studie die Notwendigkeit ambulanter therapeutischer Interventionen. (mcs)

Quelle: Heckert, U: Lifetime prevalence of mental disorders among homeless people in a southeast city in Brasil, Zeitschrift: EUROPEAN ARCHIVES OF PSYCHIATRY AND CLINICAL NEUROSCIENCE, Ausgabe 249 (1999), Seiten: 150-155

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