Gestörter Schlaf bei ADHS

Neuro-Depesche 4/2016

Welche Faktoren spielen eine Rolle?

Viele Kinder mit ADHS schlafen sehr schlecht, und die Mehrheit leidet unter komorbiden psychiatrischen Krankheiten. Dänische Mediziner suchten nun nach Polysomnographie (PSG)-Zeichen einer gestörten Schlafarchitektur und Bezügen zum klinischen Bild.

Eingeschlossen wurden 76 noch nie medikamentös behandelte Kinder im Schulalter (durchschnittl. 9,6 Jahre alt) und 25 geschlechts- und altersentsprechende Kinder ohne ADHS. Nach dem Development and Well-Being Assessment (DAWBA) waren 34 Kinder ohne Komorbidität (45%), sechs mit Autismus, sieben mit Tic-Störung, neun mit einer internalisierenden und 20 mit einer externalisierenden psychischen Störung.
Nach dem Schlaftagebuch und dem Children’s Sleep Habits Questionnaire (CSHQ) zu 33 Schlaf-Items wiesen die ADHS-Kinder signifikant häufiger einen gestörten Schlaf auf als die 25 Kontrollen. Sie benötigten eine längere Zeit zum Einschlafen (31 vs. 22 Min.; p < 0,05), während sich die Rate an nächtlichem Erwachens nicht signifikant unterschied (0,4 vs. 0,1; p = n.s.). Der Gesamt- und fast alle Subscores des CSHQ fielen zuungsten der Patienten aus.
Die auffälligen PSG-Befunde bei den ADHS Kindern vs. Kontrollen umfassten u. a. eine längere Schlaflatenz (33,3 vs. 22,6 Min.), einen größeren prozentualen Anteil an REM-Schlaf, häufigere Schlafstadienwechsel, eine geringere Gesamtschlafzeit (501,9 vs. 543,6 Min.) sowie weniger Zeit in den NREMSchlafstadien 1 und 3. Keine signifikanten Gruppenunterschiede ergaben sich dagegen im Multiplen Schlaflatenztest (MSLT), in Apnoe/Hypopnoe-Episoden oder periodischen Beinbewegungen.
Entgegen der Studienhypothese fanden sich nach Stratifizierung auf komorbide psychiatrische Erkrankungen nur wenige einzelne, aber keine wesentlichen Unterschiede in den Schlafparametern gegenüber den Kontrollen. Nur die mittlere Schlaflatenz war bei den ADHS-Patienten ohne Komorbidität gegenüber den Kontrollen signifikant verlängert (36,1 vs. 22,6 Min.). Auch die Differenzierung in die ADHS-Typen Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität/Impulsivität und kombinierter Typ ergab keine signifikanten Korrelationen mit den Schlafvariablen. JL
Kommentar

Während die epidemiologischen Daten zu erhöhten Raten an pathologisch veränderten Schlafparametern bei ADHS-Patienten bestätigt wurden, ließ sich keine Zuordnung zur psychiatrischen Komorbidität oder der dominierenden ADHS-Symptomatik feststellen. Insgesamt ist die Schlafarchitektur bei Kindern mit ADHS gestört. Es sollte untersucht werden, ob dies trotz der Hyperaktivität in einer erhöhten Tagesmüdigkeit mit funktionellen Beeinträchtigungen resultiert.

Quelle:

Virring A et al.: Disturbed sleep in attention-deficit hyperactivity disorder (ADHD) is not a question of psychiatric comorbidity or ADHD presentation. J Sleep Res 2016 [Epub 14. Jan.: doi: 10.1111/jsr.12377]

ICD-Codes: F90.

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