Vom 20. bis 24. Mai 2023 fand in San Francisco das 176. Jahrestreffen der American Psychiatric Association (APA) statt. Mit einer zunehmenden Tendenz in den Jahren bildeten auch 2023 die psycho- und verhaltenstherapeutischen Interventionen bei den mehr als 600 Sessions und Kursen sowie über 1.000 Postern einen Schwerpunkt. Das übergeordnete Thema dieses Jahres – und Aufruf an die mehr als 14.000 Teilnehmer aus aller Welt – lautete „Innovate, Collaborate, Motivate: Charting the Future of Mental Health“.
Hier kurz zusammengefasst drei der auf der Jahrestagung in San Francisco diskutierten Themen.
Langzeittherapie statt Kurzintervention
Auf der Session ‚Long-Term, Lifetime Management of Psychiatric Illness‘ sprach sich Dr. Ira D. Glick, Stanford, dafür aus, psychiatrische Störungen wie Angst und Depression als chronische Krankheiten zu betrachten, die einer Langzeittherapie, ggf. über die gesamte Lebenspanne der Patienten bedürfen. In den meisten Fällen ist die langfristige Behandlung der kurzzeitigen überlegen. So ergab eine naturalistische Follow-up-Studie bei Patienten mit Schizophrenie eine Korrelation zwischen der Adhärenz mit der Antipsychotika-Dauertherapie und dem funktionellen Langzeit-Outcome sowie der Lebenszufriedenheit. Wie Dr. Carl Salzman, Harward, auf derselben Session ausführte, erleiden 20 % bis 50 % der Patienten mit chronischen Angstzuständen einen Rückfall, wenn sie ihre Medikamente absetzen. Er plädierte dafür, die Pharmakotherapie bei Menschen mit hohem Rückfallrisiko über längere Zeiträume fortzuführen und schloss dabei – entgegen aktueller Leitlinienempfehlungen – ausdrücklich Benzodiazepine ein.
Schusswaffensuizide bei US-Jugendlichen
Suizid ist die zweithäufigste Todesursache bei Jugendlichen in den USA – und in der Hälfte der Fälle wurden dabei Schusswaffen benutzt. Eine qualitativ-deskriptive Studie zu neun Jugendlichen im Alter von 17 bis 21 Jahren, die sich mit einer Schusswaffe das Leben nahmen, zeigte, dass die Waffen in mehr als zwei Drittel der Fälle im Familienbesitz waren. Die langen Interviews mit den Angehörigen ergaben, dass die Jugendichen im Rahmen kulturell verwurzelter Familientraditionen an die Waffen herangeführt worden waren und dass sie diese nicht als Gefahrenquelle betrachtet hatten. Dabei waren mehr als drei Viertel der Jugendlichen vor ihrem Tod in psychiatrischer Behandlung gewesen, und knapp die Hälfte hatte schon mal einen Suizidversuch unternommen. Für die Suizidprävention fordern die Autoren, die positive, identitätsstiftende Betrachtung von Schusswaffen in der Bevölkerung zu verändern. Während insgesamt nur etwa 8 % aller Suizidversuche tödlich enden, sind es bei der Verwendung von Schusswaffen 90 %. Jede Zunahme von Schusswaffen in den Haushalten einer Gemeinde ging mit einem Anstieg der Suizide Jugendlicher um 27 % einher.
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