Spinale Muskelatrophie (SMA) Typ 1 und 2

Neuro-Depesche 1-2/2022

So gedeihen die Jungen und Mädchen

Die zunehmende Verfügbarkeit neuer krankheitsmodifizierender Therapien und die verbesserten Behandlungsbedingungen verändern den Verlauf der SMA. Dabei wird u. a. die Beurteilung des Ernährungszustands der Patienten immer wichtiger. In einer multizentrischen Studie wurden die Wachstumsmuster therapienaiver Kinder mit SMA Typ 1 und 2 mit WHO-Normdaten gesunder Kinder verglichen.
In fünf italienischen Zentren wurden 133 Jungen und Mädchen mit SMA 1 im Durchschnittsalter von 0,6 (0,4–1,6) Jahren und 82 mit SMA 2 im Durchschnittsalter von 4,1 (2,1–6,7) Jahren rekrutiert. Standardisiert erfasst wurden das Körpergewicht (KG, in kg) und die Wirbelsäulen(WS)-Länge („Supine length“, in cm) sowie der Body Mass Index (BMI) errechnet. Die SMA-spezifischen Wachstums-Perzentilenkurven wurden mit Referenzdaten der WHO (WHO-Z-Scores) verglichen.
 
Niedrigeres Körpergewicht
Den krankheits- und altersspezifischen Perzentilen zufolge ist das KG der erkrankten Mädchen und Jungen signifikant niedriger ist als bei den gesunden Altersgenossen: Bei SMA1 (-1,334; p ≤ 0,001) und bei SMA2 bis zum Alter von 6 Jahren (-1,084; p ≤ 0,001). Danach folgt das KG bei SMA2 langsam dem Muster der WHO-Referenz (-0,663; p = 0,132).
 
Geringerer Body Mass Index
Auch der BMI war bei den Patienten bei beiden Geschlechtern typischerweise niedriger: Bei der SMA1 in allen Altersklassen (-2,339; p < 0,001) und bei der SMA2 in jedem Alter bis zu 6 Jahren (-1,262; p = 0,000), während er später ähnlich ausfiel wie bei den gesunden WHO-Kindern (-0,388; p = 0,481). Ausnahme waren die wenigen Jungen (5 %) , die im Durchschnittsalter von 7 (5,0–9,3) Jahren deutlich an Gewicht zunahmen (1,534; p = 0,048).
 
Längenwachstum variabler
Die WS-Länge ist dagegen deutlich variabler: Die Mädchen mit SMA1 sind bis zum Alter von 1 Jahr länger als ihre gesunden Altersgenossen (1,02; p ≤ 0,001), danach folgen sie dem WHO-Wachstumsmuster der Gesunden (0,049; p = 0,869]. Bei den Jungen mit SMA1 jeden Alters fielen sie dagegen ähnlich aus der allgemeinen pädiatrischen Population (0,313; p = 0,192]. Bei der SMA2 ist die WS-Länge ähnlich der WHO-Referenz bei den Jungen (-0,292; p = 0,244] und bei den Mädchen (-0,531; p = 0,310). Sie war aber bei den Mädchen ab 3 Jahren geringer (-0,982; p ≤ 0,001).
Weitere Daten dieser Studien zu den deutlichen Unterschieden zwischen beatmeten und spontan atmenden sowie zwischen sondenernährten und oral ernährten Patienten mit SMA finden Sie online. HL
Fazit
Das Geschlecht spielt für die Beurteilung des Ernährungszustands eine wichtige Rolle. Der BMI allein ist kein geeigneter Parameter. Diese Daten zum Gedeihen der Jungen und Mädchen mit SMA können das klinische Management verbessern. Sie könnten darüber hinaus auch helfen, die Wirksamkeit aktueller und zukünftiger Therapien nicht nur auf die Motorik, sondern auch auf das Wachstum der Kinder zu bewerten.
Quelle: De Amicis R et al.: Growth patterns in children with spinal muscular atrophy. Orphanet J Rare Dis. 2021; 16(1): 375 [Epub 4. Sep.; doi: 10.1186/s13023-021-02015-9]

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