Pharmakogenetik und Wirksamkeit neuerer MS-Therapien

Neuro-Depesche 7-8/2021

SNP als Marker für das Ansprechen?

Die Vielzahl neuer MS-Medikamente begünstigt die personalisierte Therapie. Können genetische Faktoren zur überaus wünschenswerten Vorhersage des Ansprechens beitragen? Nun wurden die Erkenntnisse zur Pharmakogenetik zusammengetragen. Danach könnten mehrere Single-Nukleotid-Polymorphismen (SNP) tatsächlich Effekte auf die Wirksamkeit neuerer Therapien und damit einen prädiktiven Nutzen haben.
Die Auswertung verfügbarer Angaben zu genetischen Merkmalen ergab subsummiert diese Zusammenhänge:
SNP in den Genen GSTP1 (rs1695), ITGA4 (rs1143676), NQO1 (rs1800566), AKT1 (rs2498804) und GP6 (rs2304166) scheinen das Ansprechen auf Natalizumab zu beeinflussen. Dies trifft auch auf SNP im Gen Zinc Finger MIZ-Type Containing 1 (ZMIZ1) (rs1782645) für Fingolimod und Dimethylfumarat (DMF) zu sowie für SNP im ADA-Gen (rs244072) und für Cladribin und im NOX3-Gen (rs6919626) für DMF.
Andere SNP in anderen Genen scheinen u. a. die Wirksamkeit von Teriflunomid (rs3213422 im DHODH-Gen), Alemtuzumab (rs107184 und rs17645 im CD52-Gen) und Cladribin (rs11030918 und rs12806698 im RRM1-, rs1042927 und rs1138729 im RRM2-Gen) zu modulieren.
Exemplarisch dargestellt seien die Zusammenhänge für DMF: Das ZMIZ1-Gen war bei DMF-behandelten MS-Patienten signifikant stärker exprimiert (p = 0,031), der Einfluss des SNP rs1782645 darauf verfehlte aber die Signifikanz. In einer Studie mit 564 RRMS-Patienten fand sich bei Vorliegen des G-Allels im rs691962-SNP des NOX3-Gens nicht nur eine verringerte Bildung radikaler Sauerstoffspezies (ROS) in Monozyten (p = 0,057), sondern auch ein geringeres Ansprechen auf DMF (Odds Ratio 1,57; p = 0,036).
Keine verwertbaren genetischen Angaben zur klinischen Wirksamkeit ergaben sich für Ocrelizumab und Siponimod. Bei Letzterem spielen allerdings bekanntlich genetische Variationen im CYP2C9-Gen, das das P450-Enzym CYP2C9 kodiert, für die (langsame oder schnelle) Metabolisierung und damit für die Siponimod-Dosierung im klinischen Alltag eine relevante Rolle. HL
Fazit
Angesichts der geringen Zahl an Studien (mit noch dazu kleinen Fallzahlen) sind die Erkenntnisse zur Pharmakogenetik bei der MS noch bruchstückhaft. Vor allem der SNP-Nachweis in den Genen GSTP1, ITGA4, NQO1, AKT1, GP6, ZMIZ1, ADA und NOX3 könnte vielleicht als Response-Marker dienen. Eine besondere Schwierigkeit besteht darin, dass koexistierende SNP eine kumulative Wirkung auf das Ansprechen entfalten könnten – doch dazu liegen praktisch keine Studienresultate vor.
Quelle: Zarzuelo Romero MJ et al.: Therapeutic value of single nucleotide polymorphisms on the efficacy of new therapies in patients … J Pers Med 2021; 11(5): 335 [Epub 23. April; doi: 10.3390/jpm11050335]

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