Kardiovaskuläre Risiken

Neuro-Depesche 12/2007

Sind bipolar und schizoaffektiv Erkrankte stärker gefährdet als schizophrene Patienten?

Patienten mit schweren psychischen Krankheiten sind etwa doppelt so häufig von einem metabolischen Syndrom betroffen wie psychisch Nicht-Erkrankte. Von der US-amerikanischen Veterans Administration wurde nun untersucht, in welchem Umfang Patienten mit Schizophrenie, schizoaffektiven Erkrankungen und bipolaren Störungen kardiovaskuläre und metabolische Risikofaktoren bzw. Erkrankungen aufweisen.

Unter 7529 männlichen Patienten der National Patient Care Database im durchschnittlichen Alter von 54,5 Jahren wiesen 4721 Veteranen (62,7%) die Diagnose einer Schizophrenie auf, 632 (8,4%) litten unter einer schizoaffektiven und 2176 (28,9%) unter einer bipolaren Erkrankung. Als häufigste kardiovaskuläre Risikofaktoren wurden Hypertonie (35,4%), Fettstoffwechselstörungen (24,8%) und Diabetes mellitus (17,6%) festgestellt. Eine KHK bestand bei 5,4%, einen Schlaganfall hatten 3,6% der Kohorte überlebt. Jeder Zehnte (10,6%) war übergewichtig.

Nach Berichtigung auf Alter und Rauchgewohnheiten wiesen Patienten mit bipolarer Störung ein erheblich höheres Risikopotential auf als Patienten mit Schizophrenie: Hypertonie wurde bei ihnen um 13% häufiger, eine Dyslipidämie um 18%, Diabetes um 19% und eine koronare Herzkrankheit sogar um 44% häufiger diagnostiziert. Die adjustierte Odds Ratio für eine komorbide kardiovaskuläre Krankheit gegenüber der Schizophrenie-Gruppe betrug 1,24 (p < 0,001). Patienten mit schizoaffektiver Erkrankung wiesen außerdem deutlich häufiger eine Dysli­pid­ämie (OR: 1,36) und Übergewicht (OR: 1,30) auf als Schizophrene.

Die Ursachen für die Häufung der kardiovaskulären Risikofaktoren in dieser Kohorte wurden nicht näher untersucht. Bekannte Faktoren sind erhöhte Kalorienzufuhr bei – teils extremem – Bewegungsmangel, vermehrter Alkohohl-, Drogen- und Nikotinkonsum sowie nicht zuletzt iatrogene Effekte durch Nebenwirkungen diverser Psychopharmaka. Verstärkt werden die Effekte dieser ungünstigen Merkmale durch die sehr häufig unzureichende medizinische Versorgung.

Bei Interventionen sollten die Erkenntnisse über die unterschiedlichen Gefährdungen bei spezifischen Diagnosen stärkere Beachtung finden. Beispielsweise könnte die bei Patienten mit schizoaffektiven Störungen beobachtete hohe Prävalenz von Übergewicht und Dyslipidämie bevorzugt durch Verhaltensmodifikation (Diät und Bewegung) angegangen werden.

Quelle: Kilbourne, AM: Cardiovascular disease and metabolic risk factors in male patients with schizophrenia, schizoaffective disorder, and bipolar disorder, Zeitschrift: PSYCHOSOMATICS, Ausgabe 48 (2007), Seiten: 412-417
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