Borderline-Symptomatik

Neuro-Depesche 3/2010

Sexuelle Impulsivität - Tatsache oder Mythos?

Eines der wesentlichen Merkmale einer Borderline-Persönlichkeitsstörung ist die Impulsivität der Betroffenen. Ob sich diese – wie die klinische Erfahrung und die DSM-IV-Kriterien nahelegen – auch in der sexuellen Sphäre manifestiert, wurde nun von US-Ärzten näher untersucht.

Eine Borderline-Störung wird gehäuft bei Menschen angetroffen, die als Kind sexuell missbraucht wurden. Ihre übersteigerte Impulsivität manifestiert sich mannigfaltig in Verschwendungssucht, Drogenkonsum, rücksichtslosem Autofahren, Ess-/Magersucht etc.

Die Zusammenhänge zwischen Borderline-Symptomatik und sexueller Impulsivität nahm eine US-amerikanische Arbeitsgruppe anhand einer Analyse von zwölf Datenbanken mit 972 (stationär behandelten) ­psy­chiatrischen und nicht-psychiatrischen Patienten (763 Frauen und 209 Männer) unter die Lupe. Im Mittelpunkt der Befragung standen zwei Impulsivitätsaspekte des Sexuallebens: a) Verkehr mit einer femden Person und b) Promiskuität.

Nach dem Personality Diagnostic Questionnaire (PDQ) erfüllten 441 der 972 Personen (45,4%) die Kriterien einer Borderline-Symptomatik (wesentlich weiter definiert als eine Borderline-Persönlichkeitsstörung!). Unter diesen Betroffenen gab mit 205 Personen erneut knapp die Hälfte (45,4%) im PDQ Sex mit weitgehend Fremden an, während dies unter den Probanden ohne Borderline-Symptomatik nur auf 88 (16,6%) zutraf – der Unterschied war hoch signifikant (p < 0,0001). Ähnliches traf auf die Frage im Self-Harm Inventory (SHI) nach der Promiskuität zu: Bei den Personen mit Borderline-Symptomatik beantworteten 184 Betroffene (42,4%) die Frage nach häufig wechselnden Sexualpartnern positiv, unter jenen ohne Borderline-Symptomatik aber nur 108 (20,6%), erneut eine hoch signifikante Differenz (p < 0,0001).

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Fazit
?! Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass zumindest eine beträchtliche Minorität der Menschen mit Borderline-Symptomatik eine verstärkte sexuelle Impulsivität in Form von sowohl sexuellen Gelegenheitsbeziehungen als auch promiskuitivem Verhalten zeigt. Trotz der weiten Einschlusskriterien und der speziell ausgewählten Patientenkollektive sind die Resultate dieser bislang größten Studie zum Thema den Autoren zufolge auf die Gesamtheit der Patienten mit Borderline-Zeichen anwendbar. Impulsive sexuelle Ausschweifungen können ihrer Ansicht nach durchaus als ein Diagnose-stützendes Kriterium herangezogen werden.

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