Bei neu diagnostizierter generalisierter und nicht klassifizierbarer Epilepsie

Neuro-Depesche 10/2021

SANAD-II: Valproat versus Levetiracetam

Zertifizierte Fortbildung
In der britischen SANAD-II-Studie wurden die Wirksamkeit und Kosteneffizienz von Valproat (VPA) und Levetiracetam (LEV) bei Patienten mit neu diagnostizierter generalisierter und nicht klassifizierbarer Epilepsie miteinander vergleichen.
In die multizentrische Nichtunterlegenheitsstudie der Phase IV wurden in Großbritannien zwischen 2013 und 2016 insgesamt 520 Patienten im Alter ab fünf Jahren (Durchschnittsalter 13,9 Jahre) mit ≥ 2 unprovozierten Anfällen eingeschlossen. 397 Teilnehmer hatten eine generalisierte und 123 eine nicht klassifizierte Epilepsie.
Nach Randomisierung erhielten 260 Teilnehmer offen oral LEV und 260 oral VPA in einer altersangepassten Dosierung. Primärer Endpunkt war die Nichtunterlegenheit von LEV gegenüber VPA im Zeitraum bis zu einer Remission nach zwölf Monaten. Die Nichtunterlegenheitsgrenze lag bei einer Hazard Ratio (HR) von 1,314 (entspricht einer absoluten Differenz von 10 %).
 
Nichtunterlegenheit verfehlt
In der Intention-to-Treat-(ITT)-Analyse (n = 520) erfüllte LEV das Nichtunterlegenheit- Kriterium nicht: Bei median 445 vs. 636 Tagen bis zu einer Remission blieb die HR dafür mit 1,19 (95 %-KI: 0,96 - 1,47) deutlich unter der Marge von 1,314. Die PP-Analyse (255 VPA- und 254 LEV-behandelte Patienten) ergab darüber hinaus, dass die 12-Monats-Remissionswerte unter LEV schlechter ausfiel als unter VPA. Ein Therapieversagen vor einer Remission erlebten 82 (32 %) vs. 121 Patienten (47 %) unter LRV (s. Abb).
 

Neben anderen Parametern schnitt LEV auch in der Kosten-Nutzen-Analyse schlechter ab als VPA: Bei 1.603 vs. 1.637 Quality adjusted life years (QALYs) lag der inkrementelle Netto-Gesundheitsnutzen von LEV bei -0,040 QALYs (bei 20.000 £ pro QUALY). Die Wahrscheinlichkeit von LEV, kostenwirksam zu sein, betrug lediglich 0,17. JL

Fazit
Valproat (VPA) ist eine Erstlinientherapie für Patienten mit neu diagnostizierter idiopathischer generalisierter oder schwer zu klassifizierender Epilepsie. Aufgrund seiner Teratogenität gilt dies jedoch nicht für Frauen im gebärfähigen Alter. Für das in diesen Patientengruppen oft alternativ eingesetzte Levetiracetam (LEV) ergaben sich in der SANAD-II-Studie nun keine Wirksamkeits- oder Kosteneffizienz-Belege. Dies könnte Anlass zu Diskussionen über den Nutzen und den Schaden einer VPA-Vermeidung (bei Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter) sein.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle: Marson A et al. für die SANAD II collaborators: The SANAD II study of the effectiveness and costeffectiveness of valproate versus levetiracetam for newly diagnosed generalised and unclassifiable epilepsy: an open-label, non-inferiority, multicentre, phase 4, randomised controlled trial. Lancet 2021; 397 (10282): 1375-86

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