Wichtiger Risikofaktor?

Neuro-Depesche 1/2011

Psychose durch Missbrauch in der Kindheit

In Australien untersuchten forensische Psychiater im Rahmen einer Fall-Kontroll-Studie den Zusammenhang zwischen einem sexuellen Missbrauch in der Kindheit und dem späteren Auftreten von Psychosen bzw. schizophrenen Erkrankungen. Ist der Missbrauch tatsächlich ein Risikofaktor?

Die Datenbasis umfasste 2759 Personen und einen Beobachtungszeitraum von 30 Jahren. Die Betroffenen, zu 79,8% weiblich, waren im Alter unter 16 Jahren (durchschnittlich mit 10,2 Jahren) nachweislich sexuell missbraucht und dann psychiatrisch betreut bzw. behandelt worden. Das Kollektiv wurde verglichen mit einer alters- und geschlechtsentsprechenden Gruppe von 2677 Gesunden. Primärer Studienparameter war die Häufigkeit psychiatrischer Erkrankungen nach den entsprechenden Registern.

Der Studienhypothese entsprechend wa­ren bei den sexuell Missbrauchten gegenüber den Kontrollen die Raten an allen psychotischen Erkrankungen und an akuten schizophrenen Episoden signifikant höher: (2,8 vs. 1,4%; Odds Ratio: 2,1; p < 0,001 bzw. 1,9 vs. 0,7%; OR: 2,6; p < 0,001). Und unter den Penetrationsopfern – signifikant mehr Mädchen als Jungen hatten einen Missbrauch mit Penetration (Penis, Finger oder Gegenstand) erlebt (64,9 vs. 55,2%; p < 0,001) – war die Rate an psychotischen Erkrankungen bei den Frauen deutlich größer als bei den Männern. Die Detailanalyse ergab, dass jene zwei Drittel, die eine Penetration erdulden mussten, zu einem höheren Anteil an einer Psychose (3,4%) und einer Schizophrenie (2,4%) erkrankten, während ein sexueller Missbrauch ohne Penetration das Psychose – bzw. Schizophrenie-Risiko nicht signifikant erhöhte (1,7 vs. 1,4 % bzw. 1,0 vs. 0,7 %).

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Fazit
?! Viele Untersuchungen belegen, dass es nach einem sexuellen Missbrauch bei den Kindern zu einem gehäuften Auftreten von Depression- und Angsterkrankungen, Substanzmissbrauch, Borderline-Störungen und posttraumatischer Belastungsstörung kommt, und dass die Suizidalität erhöht ist. Die Studie belegt, dass ein sexueller Missbrauch als ein klarer Risikofaktor für die Entwicklung einer Psychose bzw. Schizophrenie anzusehen ist, insbesondere wenn eine Penetration stattfand. Dies erlaubt u. a. die gezielte Prävention in Risikogruppen. Unabhängig davon, ob tatsächlich eine kausale Beziehung besteht oder ob andere Faktoren diesem Zusammenhang beeinflussen, he­ben die Autoren hervor, dass ein Missbrauch natürlich in jedem Fall beachtet werden sollte.

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