Aus den zahlreichen Präsentationen, Sessions und Postern hier eine kleine Auswahl interessanter Beiträge.
Intranasales Ketamin gegen CK-Attacken?
In einer offenen Pilotstudie in Dänemark wurde 20 Patienten mit chronischem Cluster-Kopfschmerz (CCK) während einer akuten CK-Attacke intranasales Ketamin (maximal 5 x alle 6 Min. 15 mg) verabreicht. Zwar wurde der primäre Endpunkt (Schmerzreduktion nach 15 Min. ≥ 50 % auf einer numerischen 11-Punkte-Skala) nicht erreicht, doch 30 Min. nach der ersten Gabe war die Schmerzintensität um 59 % gesunken (von durchschnittlich 7,25 auf 2,94; p = 0,0002). Elf von 16 Patienten (69 %) erreichten ≤ 4 NRS-Punkte, acht von 20 (40 %) berichteten eine vollständige Linderung. Obwohl keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auftraten, so die Autoren, sollten sich Patienten und Ärzte des Missbrauchspotenzials von Ketamin bewusst sein.
Kein MOH unter Rimegepant
Der in den USA sowohl zur Prophylaxe als auch (seit Mai 2021) zur Akutbehandlung der Migräne zugelassene orale CGRP-Antagonist Rimegepant führt als Bedarfsmedikation offenbar zu keinem MOH: In einer Subgruppe der BHV3000-201-Studie nahmen 1.114 Erwachsene 75 mg Rimegepant bis zu 1 x tägl. nach Bedarf ein. Die Zahl der monatlichen Migränetage (MMD) nahm von initial 10,4 auf 7,7 in Woche 52 ab. Dabei sank auch die monatliche Rimegepant-Einnahme leicht von 7,7 Tabletten (Wochen 4–8) auf 7,2 (Wochen 48–52). Zudem verbesserte sich die gesundheitsbezogenen Lebensqualität der Patienten.
Suizidrisiko bei CM-Patienten mit MOH
In eine prospektive Querschnittsstudie in Taiwan wurden 603 Patienten mit neu diagnostizierter CM (Durchschnittsalter 42,03 ± 12,18 Jahre; 485 Frauen) aufgenommen. Ihre Suizidalität wurde mit einem speziell entwickelten Fragebogen erhoben. Nach Kontrolle auf demografische Merkmale, Kopfschmerzprofil, Beeinträchtigungen, depressive und Angstsymptome sowie die Schlafqualität wiesen die 320 CM-Patienten mit MOH gegenüber den 214 ohne MOH eine um 75 % höhere Wahrscheinlichkeit für Suizidgedanken auf (Odds Ratio: 1,75; 95 %-KI: 1,20 bis 2,56, p = 0,004). Außerdem waren bei ihnen auch frühere Suizidversuche um 88 % wahrscheinlicher (OR: 1,88; 95 %-KI: 1,09 bis 3,24; p = 0,024). Dies sollte im Praxisalltag beachtet werden.
Macht eine Entgiftung heute noch Sinn?
Dass eine Entgiftung vor Prophylaxe-Beginn bei CM-Patienten mit MOH auch im Zeitalter neuer Prophylaktika noch eine Schlüsselrolle spielt, demonstrierten Ärzte des Bologna Headache Center bei 89 CM-Patienten mit ≥ 28 monatlichen Kopfschmerztagen (MHD). 50 von ihnen wurden mit Botulinumtoxin A (BTX-A) und 39 mit Anti-CGRP-Antikörpern behandelt. Von den 21 Patienten, die BTX-A ohne vorherige Entgiftung erhielten, waren nach drei Monaten zwei (9,5 %) von einer CM zu einer episodischen Migräne (EM) konvertiert, bei den 29 mit vorheriger Entgiftung aber sechs (20,6 %) (p = 0,28). Die mittlere Zahl an MHD betrug jetzt 26,9 in der Sofort- vs. 22,7 in der Entgiftungsgruppe (p = 0,03). Auch in der Anti-CGRP-Gruppe führte die Entgiftung zu einem besseren Outcome: Von den 26 Patienten, die Anti-CGRP ohne vorherige Entgiftung erhielten, waren am Ende fünf (19,2 %) zu einer EM konvertiert, unter den 13 mit vorheriger Entgiftung aber ebenfalls fünf (38,4 %) (p = 0,1). Die mittlere MHD-Zahl betrug hier 22,2 versus 16,3 (p = 0,11). JL