23. Kongress des ECNP vom 28. Aug. bis 1. Sept. 2010 in Amsterdam

Neuro-Depesche 10/2010

Neues aus der Psychiatrie vom ECNP

Auch wenn echte „Sensationen“ fehlten, spiegelte das breite Themenspektrum des 23. Kongresses des European College of Neuropsychopharmacology (ECNP) Ende August 2010 in Amsterdam die vielen Gesichter psychischer Erkrankungen und aussichtsreiche aktuelle Forschungsansätze wider.

ZNS-Zellen bei Depression

Jüngere Patienten mit Depressionen weisen häufig eine Reduktion von Astrozyten im präfrontalen Kortex auf, während bei älteren ein Neuronen-Defizit dominiert. Zudem fand sich in Gehirnen depressiver Patienten ein Mangel an GABA-Interneuronen sowie Veränderungen im Glutamat- und GABA-Metabolismus. Die Glia-Pathologie könnte demnach ein Frühstadium der depressionstypischen zellulären und neurochemischen Veränderungen sein. Da Astrozyten die extrazelluläre Glutamatkonzentration regulieren, könnte eine gestörte glutamaterge und/ oder GABAerge Neurotransmission Störungen der astrozytären Funktion induzieren, die im langfristigen Verlauf einer Depression zu exzitotoxischer neuronaler Schädigung führt, erläuterte Jose Javier Miguel-Hidalgo, Jackson/USA.

Gen-Umwelt-Interaktion bei Schizophrenie

Etwa 75 bis 90% aller psychotischen Ereignisse sind vorübergehend und verschwinden im Laufe der Zeit. Abhängig vom Ausmaß von exogenen Risikofaktoren und der Interaktion mit genetischen Faktoren können solche transitorischen psychotischen Episoden aber auch persistieren, erklärte Prof. Jim van Os, Maastricht/Niederlande. Dabei werde die Sensibilität und Reagibilität gegenüber Belastungsfaktoren wie Urbanisierung, Migration, Cannabiskonsum oder traumatische Kindheitserlebnisse durch die genetische Ausstattung kontrolliert. So hängen z. B. Variationen im COMT-Gen laut van Os eng mit der Bewertung belastender Lebensereignisse zusammen. Die Entschlüsselung der komplexen Gen-Umwelt-Interaktion soll durch die fünfjährige, multidisziplinäre Studie „European Gene Environment Interaction“ (EU-GEI) an 7500 Patienten in 15 EU-Ländern vorangetrieben werden. Mit den Ergebnissen ist 2014 zu rechnen.

Glukokortikoide bei PTBS

Ein Mangel an Kortisol scheint traumatische Erinnerungen zu verfestigen und ist daher ein wichtiger Faktor für die Entwicklung einer posttraumatischen Belas­tungsstörung (PTBS), berichtete Gustav Schelling, München. Er untersuchte Intensivpatienten, die in dem Glukokortikoidrezeptor (GR)-Gen einen Polymorphismus aufwiesen, der mit einer Hypersensitivität des GR und niedrigen Kortisolwerten assoziiert ist. Diese Patienten hatten signifikant mehr traumatische Erinnerungen und höhere PTBS-Symptomscores als Intensivpatienten ohne den GR-Genpolymorhismus. Dies deutet auf eine Dysregulation des Glukokortikoid-Systems hin. Eine niedrigdosierte Kortisoltherapie kann laut Schelling zu einer Extinktion der traumatischen Erinnerungen und einer Verminderung der chronischen Angst führen.

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