Zulassung von Zwei-Komponenten-Therapie aus Cipaglucosidase alfa + Miglustat

Neuro-Depesche

Neue Hoffnung für Patienten mit der Spätform des Morbus Pompe

Morbus Pompe der späten Verlaufsform ist eine seltene neuromuskuläre Erkrankung, die schwerwiegende Folgen nicht nur für die betroffenen Patienten, sondern auch für ihre Familien hat. Die Europäische Kommission hat nun für Patienten mit late-onset Pompe disease (LOPD) die Langzeit-Enzymersatztherapie (ERT) aus Cipaglucosidase alfa und dem Enzymstabilisator Miglustat zugelassen. Diese Zulassung beruht im Wesentlichen auf den Ergebnissen der internationalen Phase-III-Studie PROPEL, deren Ergebnisse auf einer Pressekonferenz von Amicus in München präsentiert wurden.

Beim Morbus Pompe handelt es sich um eine vererbte lysosomale Speichererkrankung, verursacht durch einen Mangel des Enzyms saure alpha-Glukosidase (GAA). Folge dieses Mangels oder des  völligen Fehlens von GAA ist eine übermäßige Anhäufung von Glykogen in den Zellen, was vermutlich für die klinischen Manifestationen von Morbus Pompe verantwortlich ist. Beim Morbus Pompe wird zwischen einer frühen (infantilen) Verlaufsform (infantile onset Pompe disease, IOPD) und einer späten Verlaufsform (LOPD) unterschieden. Während  die IOPD bereits im Kindes- und Jugendalter auftritt und rasch fortschreitet sowie mit schweren kardialen Funktionsstörungen verbunden ist, manifestiert sich die LOPD erst im Erwachsenenalter. Ihre Progression verläuft langsamer. Betroffen sind hauptsächlich die Skelettmuskulatur und die Atemwege. Die LOPD kann schwerwiegend sein und die Lebensqualität deutlich einschränken.
Daraus resultieren Probleme beim Sport, beim Treppensteigen oder auch beim Aufstehen. Zu den typischen klinischen Symptomen gehören ein auffälliges Gangbild, Stürze und Muskelkrämpfe. Manche Patienten benötigen im Verlauf der Erkrankung einen Rollstuhl oder eine maschinelle Atmungsunterstützung. Organbeteiligungen von Herz oder Leber sind hingegen bei der adulten Form deutlich seltener als beim kindlichen Morbus Pompe.
Nach der Zulassung von Cipaglucosidase alfa hat die Europäische Kommission (EK) nun auch Miglustat 65 mg Kapseln, einen Enzymstabilisator von Cipaglucosidase alfa, für Erwachsene LOMP zugelassen. Bei Cipaglucosidase alfa und Miglustat handelt es sich um eine Zwei-Komponenten-Therapie. Cipaglucosidase alfa ist ein mit bis-M6P angereichertes rekombinantes humanes Enzym (rhGAA), das mit hoher Affinität an Rezeptoren auf der Muskelzelloberfläche bindet, um eine verbesserte Aufnahme in die Muskelzelle zu erreichen. In den Zellen kann die Substanz zu seiner aktivsten und reifsten Form umgewandelt werden, um Glykogen abzubauen. Miglustat ist ein Enzymstabilisator, der zur Stabilisierung des Enzyms im Blut entwickelt wurde.
„Dieser wichtige Meilenstein markiert den Beginn des breiten Zugangs zu Pombiliti und Opfolda für die LOPD-Gemeinschaft in Europa, wo ein hoher medizinischer Bedarf an neuen Behandlungsmöglichkeiten besteht“, erklärte Prof. Benedikt Schoser, Neurologe am LMU Klinikum München. „In klinischen Studien hat Pombiliti und Opfolda klinisch bedeutsame und positive Veränderungen bei den wichtigsten Mobilitäts- und Atemwegs-Manifestationen dieser herausfordernden Erkrankung gezeigt. Die EU-Zulassung und die Indikation spiegeln die Hoffnung auf das Potenzial dieses neuen Therapieansatzes für Menschen mit Morbus Pompe wider.“
Die EU-Zulassung stützt sich auf klinische Daten aus der Phase-III-Zulassungsstudie PROPEL, der einzigen Studie bei LOPD, in der eine der klinischen Realität entsprechende Population ERT-naiver und ERT-vorbehandelter Teilnehmer in einem kontrollierten Rahmen untersucht wurde.
In der internationalen Phase-III-Studie PROPEL wurde Cipaglucosidase alfa/Miglustat mit der ERT Alglucosidase alfa bei 122 mehrheitlich ERT-vorbehandelten LOPD-Patienten verglichen. Alle Teilnehmer (ERT-vorbehandelte und ERT-naive), die mit Cipaglucosidase alfa plus Miglustat behandelt wurden, wiesen nach 52 Wochen eine im Vergleich zum Ausgangswert um durchschnittliche 20 Meter verbesserte Gehstrecke auf. Unter Alglucosidase alfa/Placebo waren es durchschnittlich 8,3 Meter. Dies entspricht für Cipaglucosidase alfa/Miglustat einem Therapieeffekt von 11,7 Metern (95 %-KI: -1,0 bis 24,4; p = 0,07).
Die Lungenfunktion (forcierte Vitalkapazität, FVC) ergab im Vergleich zur Baseline nach 52 Wochen einen klinisch relevanten Unterschied gegenüber der Alglucosidase alfa-Kohorte (mittlere Veränderung: -1,4 % vs. -3,7 %). Die Wirksamkeit der Zwei-Komponenten-Therapie auf körperliche Funktionsfähigkeit, Fatigue und Muskelkraft der unteren Extremitäten bewerteten die Studienteilnehmenden positiver als unter Alglucosidase, allerdings war der Vorteil nicht signifikant. Schoser: „Wenn eine Stabilisierung und dann noch eine anhaltende Verbesserung bei einzelnen Patientinnen und Patienten eintritt, haben wir schon sehr viel erreicht“.
Quelle: Pressekonferenz „Neue Therapieoption für erwachsene Patient:innen mit Morbus Pompe der späten Verlaufsform“, München, 13. Juli 2023; Veranstalter: Amicus Cipaglucosidase alfa: Pompiliti® Miglustat: Opfolda®

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