Editorial

Neuro-Depesche 4/2018

Marsch für die Wissenschaft, Marsch für die Humanität

Liebe Leserin, lieber Leser,
der „March for Science“ am 14. April ist ein Fanal. Zunächst einmal, weil − angesichts von Trumps Klimawandel-Leugnung, seinen „alternative facts“ etc. − überhaupt die Notwendigkeit besteht, für die Freiheit der Wissenschaft auf die Straße zu gehen. Das Mittelalter lässt grüßen! Zum Zweiten ist es erfreulich, dass sich auf allen fünf Kontinenten immerhin mehr als eine halbe Million vernunftbegabter Homo sapiens aktiv für Wissenschaft und Aufklärung und damit Humanität engagieren − statt religiösen Spinnern, Demagogen und Profiteuren jeglicher Couleur das Feld zu überlassen. Es grüßt das nicht enden wollende, komplett irrationale, religiös verbrämte Debakel im Nahen Osten.
Wie so häufig ist dabei das Geld der entscheidende Hebel. Darüber was an Forschung, Projekten, Unterstützung etc. zu fördern ist (und was nicht), sollte idealerweise die Gesellschaft als Ganzes entscheiden. Das fordern die US-Marschierer ein. Erlauben Sie mir einen Schlenker: Die Pharmaindustrie wird gern dafür kritisiert, dass die von ihr finanzierten Studien oft für das Produkt positive Ergebnisse haben. Abhilfe böte die (gesellschafts-) politische Entscheidung, eine hochrangige Forschung inkl. Durchführung großer klinischer Studien aus unabhängigen Quellen zu finanzieren. Oder? Themawechsel: Derzeit heiß diskutiert ist der vom Kabinett Söder verabschiedete Entwurf für ein Bayerisches Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG). Ärzte und Betroffenenverbände kritisieren, dass weite Passagen die Stigmatisierung psychisch erkrankter Menschen fördern. Ein Beitrag in der Süddeutschen Zeitung (16.04.18) ist mit „Bayern will psychisch Kranke wie Straftäter behandeln“ überschrieben. Wie H. Prantl darin ausführt, sei schon der Name des Gesetzes eine Täuschung: „Es enthält vier Paragrafen über ‚Hilfe‘ für Kranke − und 35 über ihre ‚Unterbringung‘ zu Zwecken der Gefahrenabwehr.“ Diverse Statements dazu, u. a. vom Bayerischen Landesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V. finden Sie im Internet.
Wir hoffen, Ihnen auch mit dieser Ausgabe eine interessante Themenmischung aus der medizinischen, jawoll, Wissenschaft zu bieten. Dessen und anderer Fährnisse ungeachtet, wünscht Ihnen das Team der Neuro-Depesche die Muße, den Wonnemonat zu genießen.
 
Jörg Lellwitz
Chefredakteur

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