Systematische Prüfung und Metaanalyse

Neuro-Depesche 5-6/2021

Hilft ein kognitives Training bei Major Depression?

Auch wenn die affektiven Symptome einer Major Depression (MD) in der Regel mit dem Ende der akuten Episode verschwinden, bleibt die Depressions-assoziierte kognitive Beeinträchtigung häufig bestehen – und gilt als einer der wichtigsten Prädiktoren für Rezidive, funktionelle Beeinträchtigungen und sogar für die Mortalität. In einem Review mit anschließender Metaanalyse wurde nun untersucht, ob ein kognitives Training bei MDD-Patienten hilfreich ist.
Die Behandlungen der Major Depressive Disorder (MDD) befassen sich in de Regel nicht mit den häufig vorhandenen Depressionsassoziierten kognitiven Beeinträchtigungen. Ein (Computer- oder strategiebasiertes) kognitives Training stellt in dieser Hinsicht eine vielversprechende Intervention dar. Die Evidenz seiner Wirksamkeit bei Erwachsenen mit klinisch definierter MDD wurde anhand der Studienlage untersucht. Die metaanalytischen Ergebnisse wurden in Prä-post-Vergleichen der kognitiven Fähigkeiten und des psychischen bzw. funktionellen Outcomes ermittelt. Die erzielte Effektgröße wurde mittels Hedges’g angegeben.
 
Moderate Effektgrößen
Von insgesamt 448 identifizierten Studien erfüllten nur neun die sehr strengen Einschlusskriterien. Trotz einer relativ großen Heterogenität (I2) ergab die Metaanalyse der Studienresultate nach einem kognitiven Training signifikante Verbesserungen mit mittelhohen gepoolten Effektgrößen auf die globale Kognition (g: 0,35; 95 %-KI: 0,11 - 0,58, p = 0,004, I2 der neun Studien: 0 %). Dies betraf die Exekutivfunktionen (g: 0,37; p = 0,009), die Verarbeitungsgeschwindigkeit (g: 0,35; p = 0,049), das Wortgedächtnis (g: 0,56; p < 0,001) und nonverbales Lernen (g: 0,35; p = 0,048). Ohne Signifikanz besserten sich geringfügig das Arbeitsgedächtnis (g: 0,26; p = 0,272) und moderat das verbale Lernen (g: 0,32; p = 0,137).
Das kognitive Training wirkte sich auch moderat positiv auf die depressiven Symptome aus (g: 0,57; 95 %-KI: 0,16 - 0,99: p = 0,007; I2 in fünf Studien: 40,6 %), während die höheren Alltagsfunktionen (IADL) ebenfalls moderat, aber statistisch nichtsignifikant gebessert wurden (g: 0,42; 95 %-KI: -0,06 bis 0,90; p = 0,084; I2 in vier Studien: 47,7 %). HL
Fazit
Angesichts der starken Evidenz für Wirksamkeit und Nutzen in dieser Metaaanalyse sollte ein kognitives Training bei der Behandlung von Patienten mit einer Major Depression als eine primäre therapeutische Intervention betrachtet werden. Leider war, so die Autoren, in nur sehr wenigen Studien der anhaltende „Transfer“ der Trainigseffekte in breitere Bereiche des alltäglichen Funktionierens untersucht worden.
Quelle: Woolf C et al.: A systematic review and meta-analysis of cognitive training in adults with major depressive disorder. Neuropsychol Rev 2021 [Epub 28. April; doi: 10.1007/s11065-021-09487-3]

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