Systematische Recherche und Metaanalyse

Neuro-Depesche 3/2019

Helfen aerobe Übungen gegen Migräne?

Bei Patienten mit häufiger Migräne ist oft eine präventive Behandlung indiziert, doch die Adhärenz mit den herkömmlichen Prophylaktika aus den Klassen der Antiepileptika, Antihypertensiva, Antidepressiva etc. ist sehr schlecht. Viele Patienten wünschen sich eine wirksame nicht-medikamentöse Alternative. Ob diese in aeroben Übungen bestehen könnte, wurde jetzt in einer Übersichtsarbeit und Metaanalyse näher untersucht.

Auf der Basis vordefinierter Ein- und Ausschlusskriterien wurden sechs Studien, darunter fünf randomisierte, kontrollierte Studien, mit insgesamt 357 Teilnehmern ausgewertet. Sie litten seit durchschnittlich 19 Jahren unter einer Migräne (nach ICHD-II). Ihr Durchschnittsalter betrug 38 Jahre, und 88 % waren Frauen. Zu Studienbeginn betrug die durchschnittliche Kopfschmerzhäufigkeit 9,4 Tage pro Monat.
Die aerobischen Übungen fanden zumeist mindestens dreimal pro Woche statt, waren unterschiedlicher, meist aber geringer Intensität und vielfältiger Art (von Gehen und Joggen über ein Cross-Training zu Radfahren bis zu einem Gewichtsreduktionsprogramm).
Die Nachbeobachtungsdauer betrug acht Wochen bis zwölf Monate. Primäre Endpunkte der Metaanalyse waren die Einflüsse der Aerobic-Übungen auf die Anzahl der Migränetage sowie die Dauer der Migräneattacken und deren Schmerzintensität.
Drei von sechs Studien zeigten in den Gruppen mit Aerobic-Übungen eine signifikante Reduktion der Anzahl der Migränetage von 22 % bis 78 %. Die gepoolten Daten von vier Studien mit insgesamt 176 Patienten ergaben einen signifikanten Effekt auf die Anzahl der Migränetage nach zehn bis zwölf Wochen (p = 0,0006). Die durchschnittliche Reduktion betrug 0,6 ± 0,3 Migränetage/Monat. Interessanterweise hatten dabei aerobe Übungen ähnlich starke Effekte wie Topiramat und trizyklische Antidepressiva.
Aufgrund zu heterogener Outcome-Kriterien nicht gepoolt ausgewertet werden konnten die Daten zur Schmerzstärke und Attackendauer. Immerhin ergaben drei Studien für die aeroben Übungen sowohl eine geringe bis mittelgradige Reduktion der Schmerzintensität (um 20 % bis 54 %) als auch der Attackendauer (um 20 % bis 27 %). Die Abbruchrate war in vier der sechs Studien mit 28 % bis 50 % hoch – häufigster Grund war, dass die Patienten nicht die Zeit für ein dreimal wöchentliches Training aufbrachten. HL
Kommentar

Den Studienautoren zufolge liefert diese Metaanalyse eine moderate Evidenz, dass aerobe Bewegungstherapie die Anzahl der Migränetage verringern kann, während die Effektgrößen für eine Reduktion der Schmerzintensität und Attackendauer eher gering waren. Für zukünftige Studien empfehlen sie ausreichend intensive Trainingsprogramme und standardisierte Outcome-Parameter. Die Rationale für Aerobic-Übungen bei Migräne besteht darin, dass sie die Schmerzverarbeitung maßgeblich modulieren und sowohl auf zentraler als auch auf peripherer Ebene analgetische Wirkungen entfalten können.

Quelle:

Lemmens J et al.: The effect of aerobic exercise on the number of migraine days, duration and pain intensity in migraine: a systematic literature review and meta-analysis. J Headache Pain 2019; 20(1): 16 [Epub 14. Feb.; doi: 10.1186/s10194-019-0961-8]

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