Graue Substanz bei RLS und Migräne

Neuro-Depesche 3/2019

Gemeinsame Veränderungen und Unterschiede gegenüber Gesunden

Zertifizierte Fortbildung

Eine Migräne und ein Restless-Legs-Syndrom (RLS) zeigen untereinander eine hohe Komorbidität – und teilen auch pathologische neuroanatomische Merkmale. Gemeinsame neuronale Signaturen ergab jetzt auch eine Studie, in der Veränderungen in der grauen Substanz untersucht wurden. Dies betraf insbesondere den Gyrus frontalis medius (MFG).

In die Studie wurden 116 Teilnehmer aufgenommen: 27 mit RLS, 22 mit Migräne, 22 mit RLS plus Migräne und 45 gesunde Kontrollen. Mittels hochaufgelöster T1-gewichteter MRT-Aufnahmen (3 Tesla) und voxelweiser Auswertung wurden die globalen und regionalen Volumina mit Fokus auf der grauen Substanz (GMV) bestimmt.
In den Gesamtvolumina von GM, WM, Liquorräumen und dementsprechend im Gesamthirnvolumen (TIV) ergaben sich zwischen den vier Gruppen keine signifikanten Unterschiede.
Beim Vergleich der beiden Gruppen zeigen sich folgende Unterschiede: Migräne-Patienten wiesen ein größeres GMV im rechten Precuneus und jeweils linksseitig im oberen Gyrus frontalis und Gyrus praecentralis auf als die RLS-Patienten. Bei Letzteren fanden sich signifikante GMV-Anstiege jeweils links im lateralen Okzipitalkortex, in Kleinhirn und Vermis sowie im fusiformen Okzipitalkortex.
Die Konjunktionsanalysen ergaben bei Migräne und RLS keinerlei Übereinstimmungen in regionalen GMV-Verringerungen, aber eine beiden Erkrankungen gegenüber den Kontrollen gemeinsame GMV-Zunahme, nämlich (besonders rechtsseitig) im MFG. Genau dieser Befund lag auch in der Gruppe mit Migräne plus RLS vor. Interessanterweise korrelierte das GMV des rechten MFG in der Komorbiditätsgruppe negativ mit der Schlafqualität (nach dem Pittsburgh Sleep Quality Index, PSQI) der Patienten.
Kommentar

Dass Migräne- und RLS-Patienten – vor allem frontal, okzipital und zerebellar – abweichende GMV-Muster aufwiesen, spricht für Unterschiede in der Pathophysiologie der beiden Erkrankungen. Ein gemeinsames Merkmal scheint dagegen ein größeres GMV des Gyrus frontalis medius (MFG) zu sein. Als Teil frontaler Netzwerke ist der MFG u.a. assoziiert mit der Attacken-Häufigkeit bei Patienten mit episodischer und chronischer Migräne sowie den Exekutivfunktionen. Bei RLS-Patienten bestehen z. B. Zusammenhänge zwischen MFG und RLS-Symptomen, Dysfunktionen bzw. Modulation der nozizeptiven Wahrnehmung, der Aufmerksamkeitsnetzwerke und der inhibitorischen Kontrolle. Somit könnten die MFG-Veränderungen eine gemeinsame, pathophysiologisch relevante neuronale Signatur dieser zwei Erkrankungen darstellen, so die Hypothese der Autoren. Die Rolle des MFG bei Migräne und RLS sollte weiter erforscht werden.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Yang FC et al.: Patterns of gray matter alterations... Ann Clin Transl Neuro 2018; 6: 57-67 [doi: 10.1002/acn3.680. eCollection 2019 Jan.]

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