Lewis-Sumner-Syndrom vs. MMN

Neuro-Depesche 9/2005

Entität im Neuropathie-Kontinuum?

Durch welche klinischen, elektrophysiologischen, laborchemischen und pathologischen Kenngrößen ist das Lewis-Sumner-Syndrom (LSS) als asymmetrischer Manifestationstyp der Polyneuropathie gekennzeichnet? Retrospektiv wurden die Befunde bei LSS mit denen bei multifokaler motorischer Neuropathie (MMN) verglichen.

13 LSS- und 20 MMN-Patienten waren durchschnittlich 55,5 Monate lang in einem Intervall von zumeist zwei bis drei Monaten untersucht worden. Bewertet wurden Muskelkraft, Überleitungsstörungen, Aktionspotenziale, Biopsieergebnisse und andere Befunde. Ähnlichkeiten zwischen LSS und MMN betrafen u. a. das Alter zu Erkrankungsbeginn (43-47 Jahren), das Muster peripherer motorischer Schwächen, Krämpfe und Faszikulationen, partielle Areflexien und den häufig etappenweisen Verlauf. Bei allen Patienten fanden sich ähnlich häufige und ähnlich verteilte Überleitungsblocks, die Liquor-Proteinspiegel waren in beiden Gruppen bestenfalls leicht erhöht. Die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale bestanden außer im Fehlen von anti-GM1-Antikörper, die bei 40% der MMN-Patienten nachweisbar waren, besonders in der klinisch und elektrophysiologisch nachgewiesenen sensorischen Beteiligung bei LSS-Patienten (12 von 13 vs. 0 von 20 MSN-Patienten). Sie hatten auch initial in acht Fällen rein sensible Störungen (Parästhesie oder Hypästhesie) und nur in vier Fällen rein motorische Störungen gezeigt. MMN-Patienten wiesen ferner stets normale sensorische Potenziale auf. Darüber hinaus begann die LSS seltener in den oberen Extremitäten (38,5 vs. 80% MMN) und betraf in vier Fällen im Rückfall auch die Hirnnerven (MMN: kein Fall). Intravenöse Immunglobuline (IVIG) erwiesen sich bei LSS und MMN ähnlich häufig als wirksam (67 vs. 75%). LSS-Patienten sprachen außerdem gut auf Steroide an, die bei MMN nicht eingesetzt wurden. Mit diesen Befunden kann das LSS in einem Kontinuum zwischen chronisch entzündlicher demyelinisierender Polyneuropathie (CIDP) und MNN als abgrenzbare Entität und Intermediärform betrachtet werden. Die therapeutischen Implikationen bezüglich IVIG und Steroide sollten beachtet werden. (EJW)

Quelle: Verschueren, A: Lewis-Sumner syndrome and multifocal motor neuropathy, Zeitschrift: MUSCLE AND NERVE, Ausgabe 31 (2005), Seiten: 88-94

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