Kongress-Logo des Actrims-Ectrims-Meetings 2023 in Mailand

NeuroDepesche Kongress-Bericht

Neuro-Depesche 11-12/2023

Neues zu PIRA, Biomarkern und mehr …

Auf dem diesjährigen 9. gemeinsamen ECTRIMS/ACTRIMS, der vom 11. bis 13. Oktober in Mailand tagte, nahmen 9.000 Besucher aus 110 Ländern teil. Auf dem weltweit größten Multiple-Sklerose-Kongress bildete die ‚Progression independent of relapse activity (PIRA)‘ einen Programmschwerpunkt. Neben der Prognoseabschätzung und dem frühen Einsatz hocheffektiver Therapien wurden in mehreren Sessions und Postern die bei MS eingesetzten Bildgebungs-und Labor-basierten Biomarker diskutiert. Hier eine kleine Auswahl an Beiträgen.
Stammzelltransplantation vs. Antikörper

In einer Head-to-head-Studie wurde die Wirksamkeit der autologen hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSCT) mit der der Anti-CD52- bzw. Anti-CD20-Antikörper Alemtuzumab und Ocrelizumab bei MS-Patienten verglichen. Zwar war die AHSCT den Antikörpern in der Reduktion neuer Schübe über median 43 bzw. 35 Monaten (10 %vs. 25 %bzw. 18 % vs. 10 %) überlegen, doch eine Behinderungszunahme war in beiden Gruppen ähnlich häufig, z. B. 31 % vs. 29 % unter Alemtuzumab. Die HSCT führte aber gegenüber Alemtuzumab zu einem deutlich höheren Prozentsatz an Patienten mit einer EDSS-Verbesserung (19 % vs. 4 %). Das Fortschreiten der Behinderung wird möglicherweise durch andere Mechanismen als die Schübe stärker angetrieben.

DMT-Absetzstudie DOT-MS angehalten

In der randomisierten, kontrollierten Nichtunterlegenheitsstudie DOT-MS wurde untersucht, wie sich das Absetzen der Diseasemodifying therapy (DMT) auf den Verlauf der MS auswirkt. Die Teilnehmer waren unter der Erstlinientherapie mit Interferonen, Glatirameracetat, Dimethylfumarat und Teriflunomid klinisch stabil, d. h. in den vorangegangenen fünf Jahren ohne Schübe oder relevante MRT-Aktivität geblieben. Primärparameter war die Zahl der Patienten mit entzündlicher Krankheitsaktivität (Schub oder ≥ 3 neue T2- oder ≥ 2 Gd-anreichernde T1-Läsionen im MRT). Die Studie (n = 95) wurde nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 19 Monate vorzeitig abgebrochen. Bei acht der 45 Teilnehmer (17,8 %) der Abbruchgruppe lag die entzündliche MS-Aktivität (davon zwei mit klinischen Schüben) über dem vordefinierten Grenzwert, aber bei keinem der 44 Patienten in der Fortsetzungsgruppe. Die mittlere Dauer bis zum Ereignis betrug etwa ein Jahr. Der erneute Start einer DMT führte bei allen Betroffenen zur erneuten Stabilisierung der Erkrankung.

PIRA als Nicht-EDSS-Prognosemarker

Offenbar kann die PIRA auch die langfristige Behinderungszunahme vorhersagen. In einer Studie mit 1.375 MS-Patienten waren neben dem EDSS verschiedene Patient-reported outcomes (PROMs) eingesetzt worden, darunter der MS Performance Test (MSPT), der Manual dexterity Test (MDT), der Walking speed Test (WST) und der Processing speed Test (PST) sowie die ‚Patient-determined disease steps‘ (PDDS). Nach den PROMs schnitten die Patienten mit einem PIRA-Ereignis in der Vergangenheit nicht nur in der motorischen Behinderung (vor allem in der Gehfähigkeit) signifikant schlechter ab, sondern auch bei den kognitiven Fähigkeiten und der Lebensqualität. Unter Verwendung von EDSS und PROMs zeigten mit 86 % der Kohorte viel mehr Patienten eine kumulative Progression als erwartet.

Lesen Sie den ganzen Artikel

Fachgruppen-Login


Zugangsdaten vergessen?

Chronisch aktive Läsionen, PRL und SEL
Chronisch aktive Läsionen, PRL und SEL Chronisch aktive Läsionen in der Bildgebung haben bei der MS einen prognostischen Nutzen, sagte Paolo Preziosa, Mailand, auf der Hot Topic Session 4 „Which biomarker and when?“. So gestattet das Vorliegen von ‚Paramagnetic rim lesions‘ (PRL) mit ihrem (hypointensen) Randsaum aus aktivierter Mikroglia plus dem Vorliegen zentraler Venenzeichen (ZVS) die Einschätzung, ob sich aus einem KIS eine MS entwickeln wird. PRL gelten auch als frühe Marker einer Krankheitsverschlechterung: Studien zufolge geht das Vorhandensein von ≥ 4 PRL mit einem signifikant höheren Risiko für schwerere strukturelle Gewebeschäden, für das Fortschreiten der Behinderung sowie für motorische und kognitive Verschlechterungen einher. ‚Slowly expanding lesions‘ (SEL) konnten in einer Follow-up-Studie über durchschnittlich 9,1 Jahre bei RRMS-Patienten die EDSS-Progression und die Konversion zu einer SPMS jeweils signifikant prädizieren. Eine optimale MS-Therapie sollte nicht nur auf die Reduktion der Schübe, sondern auch auf die chronisch aktiven Läsionen und die mikrostrukturellen Gewebschädigungen abzielen.
Urheberrecht: Ectrims Meeting

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x