Sterblichkeit bei MS

Neuro-Depesche 10/2015

Die Komorbidität ist nicht entscheidend

MS-Patienten haben trotz aller Therapiefortschritte noch immer eine verringerte Lebenserwartung. Kanadische Ärzte verglichen nun MS-Kranke mit einer Bevölkerungsstichprobe, insbesondere im Hinblick auf den Einfluss komorbider Erkrankungen auf die Mortalität

In der auf Alter, Geburtsjahr und Region gematchten Stichprobe (n = 28 807) betrug die durchschnittliche Lebenszeit 83,4 Jahre, in der MS-Kohorte von 5797 Patienten aber nur 75,9 Jahre (p < 0,0001). Das Mortalitätsrisiko der MS-Kranken war um mehr als das Zweifache erhöht (adj. Hazard Ratio: 2,40; 95%-KI: 2,24– 2,58). Erfreulicherweise verringerte sich die Sterblichkeit in der MS-Gruppe in jüngeren Jahrgängen, dennoch ergab sich in jeder Altersgruppe ein gegenüber der Stichprobe erhöhtes relatives Risiko (RR) für Tod, z. B. um mehr als das Dreifache im Alter ≤ 39 Jahren (RR: 3,65) bzw. das Zweieinhalbfache bei den 40- bis 59- (RR 2,88) und knapp um das Zweifache bei den ≥ 80-Jährigen (RR: 1,80).
Häufigste Todesursachen der MS-Patienten waren ZNS-Krankheiten inkl. MS (38,8%; Bev.: 2,67%) und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (20,2%; Bev.: 33,4%), gefolgt von Neoplasien (14,9%; Bev.: 32,6%) und Atemwegskrankheiten (9,47%; Bev.: 7,21%).
In der MS-Gruppe initial signifikant häufiger (p < 0,0001) waren u. a. Depression (16,7 vs. 10,9%), Angst (22,2 vs. 15,5%), Epilepsie (1,0 vs. 0,49%), Migräne (10,8 vs. 7,1%) und Fibromyalgie (3,7 vs. 1,4%).
In beiden Kohorten ähnlich stark wurde das Mortalitätsrisiko durch eine Depression erhöht (Hazard Ratio: 1,52) und eine Angststörung gesenkt (HR: 0,77). Die Relationen zwischen Sterblichkeit und Diabetes, Hypertonus, KHK sowie chronischen Lungenkrankheiten fiel bei den MS-Patienten schwächer aus als in der Bevölkerungsstichprobe, die Raten aufgrund von Infektionen und Atemwegskrankheiten höher. Doch insgesamt trug die Komorbidität in der MS-Gruppe nicht stärker zur Sterblichkeit bei als in der Stichprobe. Übrigens beeinflussten Migräne und Epilepsie die Sterblichkeit der MS-Patienten nicht maßgeblich. JL
Kommentar

Die Lebenserwartung von MS-Patienten nimmt zu, doch war sie bei diesen kanadischen Patienten mit minus sieben Jahren noch deutlich verringert. Das Mortalitätsrisiko zeigte gewisse Zusammenhänge mit diversen komorbiden Krankheiten, allerdings ohne überragende Einflüsse. Dessen ungeachtet sollten Mortalitäts-erhöhende Krankheiten wie die Depression konsequent behandelt werden – natürlich nicht nur bei MS-Patienten. Leider wurde die Gabe verschiedener MS-Medikamente in dieser Analyse nicht berücksichtigt.

Quelle:

Marrie RA et al.: Effect of comorbidity on mortality in multiple sclerosis. Neurology 2015; 85(3): 240-7

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