Die MS-bedingte Hirnatrophie bei der MS nannte Prof. Christoph Kleinschnitz, Essen, einen „Endorganschaden“ durch die Demyelinisierung und Neurodegeneration. Der Hirngewebeverlust betrifft zum einen die körperliche Behinderung: So korrelierte der Brain Volume Loss (BVL) in einer Studie signifikant mit der nach 12 und 24 Wochen bestätigten Behinderungsprogression nach EDDS. Zum anderen geht die Hirnatrophie mit der Zunahme kognitiver Defizite (Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit) sowie anderen Symptomen wie Depression und Fatigue einher.
Mit der geeigneten immunmodulatorischen Therapie kann die pathologische Atrophie- Zunahme deutlich gebremst bzw. sogar auf das Maß des gesunden Alterns reduziert werden. Den MRT-Daten der TEMSOStudie zufolge reduzierte die Therapie mit Teriflunomid den jährlichen Hirnvolumenverlust gegenüber Placebo über ein Jahr um 36,9 % und über zwei Jahre um 30,6 %. Neben der Schubratenreduktion wurde auch die Behinderungsprogression deutlich verringert. Dabei hatten die Patienten mit dem geringsten Hirnvolumenverlust nach zwei Jahren in der Verlängerungsstudie nach sieben Jahren das geringste Risiko für eine bestätigte Behinderungsprogression.
Der Therapieffekt auf die Hirnatrophie wurde jüngst durch die beiden Head-tohead- Studien ASCLEPIOS I und II mit mehr als 1.800 Teilnehmern belegt: Hier erfuhren die Patienten der Teriflunomid-Gruppe einen numerisch geringeren Hirnvolumenverlust als jene, die die mit dem Anti-CD20-Antikörper Ofatumumab behandelt wurden.
Trotz ihrer enormen Relevanz für die MSPatienten ist die regelmäßige Bestimmung der Hirnatrophie im klinischen Alltag noch keineswegs etabliert. Dies hat neben mangelnder Verfügbarkeit technische Gründe wie eine fehlende Harmonisierung der MRT-Protokolle, aber auch praktische Gründe wie hohe Kosten und vermehrter Zeitaufwand. JL