„In den letzten beiden Jahren wurden bedeutende Fortschritte in der Parkinson-Diagnostik erzielt. Die frühe und nicht-invasive molekulare Diagnostik ist Voraussetzung für eine spezifische Therapie und für frühe Interventions- oder sogar Präventionsstudien. Damit kommen wir dem Ziel, eine ursächliche personalisierte Therapie zu entwickeln, immer näher“, so Prof. Dr. med. Joseph Claßen, Leipzig, 1. Vorsitzender der DPG.
Hier in Kurzform einige Themen des zweitägigen Kongresses, u. a. aus der Sitzung „Therapie-Update Parkinson“, und der im Vorfeld gehaltenen Pressekonferenz der DPG mit einem Fokus auf alpha-Synuclein in der Diagnostik und Therapie.
Molekulardiagnostik unverzichtbar
Im Hinblick auf frühe Therapie- oder Präventionsinterventionen steht die frühzeitige Erkennung erster klinischer und molekularer Veränderungen im Fokus der Forschung. Während die Neurofilament-Leichtkette (NfL) in frühen Stadien kein sinnvoller Marker ist, lässt sich das Fortschreiten der Parkinson-Erkrankung durch spezifische Ausbreitungsmuster von alpha-Synuclein (a-Syn) beschreiben. Gerade in der molekularen Diagnostik wurden deutliche Fortschritte erzielt, berichtete Prof. Joseph Claßen, Leipzig. Ein mittlerweile validiertes Verfahren zum molekularen Nachweis kleinster Mengen des selbstreplizierenden und pathologisch gefalteten a-Syn ist die ‚Real-Time Quaking-Induced Conversion‘ (RT-QulC), die in der Diagnostik der sporadischen Creutzfeldt-Jakob-Krankheit eingesetzt wird. Als Probenmaterial ist nicht mehr unbedingt eine Liquorpunktion erforderlich, die Untersuchung von Blutserum und sogar Hautbiopsaten liefert gute Ergebnisse, so.
Smarte Diagnostik und DiGas
Durch Körpersensoren oder Smartwatches erfasste Daten in Zusammenhang mit Smartphone-basierten Apps bieten neue diagnostische Möglichkeiten. „Die verfügbaren Sensortechnologien und Algorithmen werden immer ausgereifter und haben das Potenzial, das Gesundheitswesen zu transformieren“, sagte Prof. Alexander Storch, Rostock. Tremor, Dyskinesien sowie Gang- und Gleichgewichtsstörungen lassen sich lückenlos dokumentieren. Bspw. können so schon früh im Parkinson- Verlauf auftretende Störungen des REM- Schlafs erkannt werden. Erforscht wird auch, ob elektrophysiologische EEG-Signaturen sich differenzialdiagnostisch bzw. zum Therapiemonitoring nutzen lassen. Zunehmend werden Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) zur Steigerung von Selbstmanagement und Eigenverantwortung verschreibungsfähig. Momentan sind, bedauerte Storch, die meisten Wearables und Apps bei Parkinson nicht miteinander kompatibel.
Therapieansatz alpha-Synuclein
In verschiedenen medikamentösen Ansätzen, die Progression des Morbus Parkinson zu bremsen, hat es Fehlschläge gegeben: So scheiterten in Studien Chelatoren, die erhöhte Eisenansammlungen in der S. nigra binden sollten, ebenso wie die beiden gegen a-Syn-Aggregationen gerichteten monoklonalen Antikörper (mAb) Cinpanemab und Prasinezumab. Momentan befinden sich, wie Matthias Löhle, Rostock, berichtete, u. a. noch das aggregationshemmende Diphenyl-Pyrazol Anle138b und der mAb TAK-341 in der Erprobung (bei der Multisystematrophie). Außerdem wird noch der Ansatz verfolgt, die zytosolische Produktion von a-Syn zu verringern. Neben Antisense-Oligonukleotiden (ASO) und ꞵ2 -Agonisten wie Salbutamol betrifft dies das ‚Small molecule‘ Buntanetap, dessen Phase-III-Studie gerade auf Europa ausgeweitet wird. Auch die Förderung der Autophagie dieses Proteins, z. B. mit Ambroxol, wird weiter erforscht. JL