Stürze bei MS

Neuro-Depesche 11/2014

Den Sturzmechanismen auf der Spur

Multiple Sklerose disponiert offenbar zu Stürzen. In Studien wurde gezeigt, dass mehr als 50% dieser Patienten innerhalb weniger Monate mindestens einmal hinfallen. Man würde gerne wissen, warum dies geschieht und was sich dabei abspielt.

Die Stürze von MS-Patienten ziehen oft Verletzungen nach sich und können tödlich enden. Zumindest schränken sie die Lebensqualität ein. Die Betroffenen werden ängstlich und nehmen weniger am gesellschaftlichen Leben teil. Auch Gesunde stürzen. Häufig handelt es sich dabei um ältere Menschen. Deren Stürze wurden öfter ausgiebig untersucht. Weniger weiß man über die Stürze von MS-Patienten. Was über diese bisher berichtet wurde, erscheint nicht immer schlüssig. Eine amerikanische Arbeitsgruppe sammelte Daten zu diesem Thema mit Hilfe einer prospektiven Kohortenstudie von sechs Monaten Dauer. Eingeschlossen wurden 58 Patienten mit MS und 58 vergleichbare gesunde Kontrollpersonen, die selbstständig lebten. Ausgewertet werden konnten am Ende 90% bzw. 84% der Teilnehmer. Sie notierten ihre Stürze samt der jeweiligen Begleitumstände. Mindestens einmal im Studienzeitraum stürzten 71,2% der MS-Patienten und 40,8% der Kontrollen, mindestens zweimal 48,1% bzw. 18,4%. Zu Verletzungen durch Stürze kam es bei 42,3% versus 20,4%. Die Zeit bis zum ersten Sturz und die Zeit bis zu einem zweiten Sturz waren bei den MS-Patienten signifikant kürzer als bei den Gesunden (Hazard Ratio für die MSPatienten 1,87 bzw. 2,87). Die MS-Patienten gaben an, etwa gleich oft innerhalb und außerhalb der Wohnung hingefallen zu sein; die Kontrollen stürzten mehr im Freien (in 86%). Während die Kontrollpersonen gerne auf glatten Flächen ausrutschten, war bei den MS-Patienten der Auslöser für einen Sturz öfter eine Ablenkung (31% versus 7%); manchmal war bei MS auch Fatigue oder Hitzeempfindlichkeit schuld an einem Sturz. Bei den Verletzungen, die durch Stürze entstanden, waren beispielsweise Schnitte oder blaue Flecken. Schwere Folgen kamen nicht vor. Um die Häufigkeit von Frakturen oder von Todesfällen abzuschätzen, müsste man erheblich größere Probandenzahlen untersuchen. Frakturen oder Krankenhausaufnahmen sind auch bei „normalen“ älteren Menschen nur mit rund 5% der Stürze verbunden. Das Hinfallen ist offensichtlich bei MS-Patienten gefährlicher als bei anderen Menschen. Prophylaxe wäre wünschenswert. Wie man den Stürzen dieser Patienten vorbeugt, müsste mit Hilfe umfangreicherer Studien herausgefunden werden. WE

Quelle:

Mazumder R et al.: Falls in people with multiple sclerosis compared with falls in healthy controls. PLoS One 9(8): e105673 (Epub)

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