Detaillierte Metaanalyse

Neuro-Depesche 12/2010

Antidepressiva bei bipolarer Depression?

Eine Metaanalyse randomisierter kontrollierter Studien von 2004 hatte zum Resultat, dass Antidepressiva bei bipolarer Depression wirksam (und sicher) sind. Verschiedene seither erschienene Studien kamen aber zu anderen Ergebnissen. Um die erwünschten und unerwünschten Effekte einer Antidepressiva-Therapie der akuten Depression bei bipolar erkrankten Patienten zu bestimmen, prüften Psychiater nun systematisch die Literatur und führten eine Metaanalyse durch.

In den einschlägigen Datenbanken und in weiteren Quellen wurde nach Doppelblindstudien (2003 bis 2009) zur Behandlung bipolar erkrankter Patienten gesucht. Eingegrenzt wurden diese auf die aktiv oder plazebokontrollierte Akutbehandlung (< 16 Wochen) der depressiven Phase erwachsener Patienten. Wichtigste Outcome-Parameter waren das klinische Ansprechen, die Remission und das Umschlagen in eine Manie oder Hypomanie („Switch“).

Sechs randomisierte, kontrollierte Studien (RCT) mit 1034 Teilnehmern, die seit Erscheinen der ersten Metaanalyse 2004 publiziert worden waren, wurden ausgewählt. Durch die Kombination mit früheren Studien konnten 15 Studien mit 2373 Patienten ausgewertet werden. Ein unterschiedlicher Anteil von Patienten stand zugleich unter einer Therapie mit Antikonvulsiva oder Stimmungsstabilisierern wie Lithium. Für die unterschiedlichen Vergleiche (vs. Plazebo, vs. aktiver Komparator etc.) erfolgten hinsichtlich diverser Outcome-Parameter mehrere metaanalytische Auswertungen.

Antidepressiva vs. Plazebo …

Der gepoolte Vergleich der Ansprechraten vs. Plazebo in fünf Studien nach etablierten Kriterien (wie HAM-D- oder MADRS-Reduktion ≥ 50%) ergab für die SSRI Paroxetin und Fluoxetin, das Trizyklikum Imipramin und Bupropion nur einen kleinen, nicht signifikanten Therapieeffekt der Antidepressiva, das relative Risiko für eine Response lag bei 1,18 (p = 0,06). Ähnliches zeigte die gepoolte Analyse der Remissionsraten versus Plazebo in vier Studien (RR: 1,18; p = 0,09). Der Vergleich der Switch-Raten (nach YRMS) bei 1026 Patienten (7, 7 vs. 7,2%) fiel mit einer RR von 0,97 ebenfalls nicht signifikant unterschiedlich aus.

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Fazit
?! Trotz ihres noch breiten Einsatzes in der Akutbehandlung der bipolaren Depression ist die Bedeutung von Antidepressiva in dieser Indikation bis heute umstritten. Es wird angenommen, dass sie einen Umschwung in die Manie und das Auftreten eines Rapid Cycling fördern können. Da sich Antidepressiva zumindest in dieser Metaanalyse in der Behandlung der bipolaren Depression als sicher erwiesen haben, könnte nicht das Gefährdungspotenzial, wohl aber die mangelnde Wirksamkeit ihren klinischen Nutzen deutlich begrenzen. Wie die Autoren betonen, stehen zur Behandlung der bipolaren Depression inzwischen auch andere Optionen wie bestimmte atypische Antipsychotika zur Verfügung.

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