Oxidativer Stress bei progressiver MS

Neuro-Depesche 9/2017

Glutathion-Mangel korreliert mit Hirnatrophie

Der Theorie nach wird die Hirnatrophie durch oxidativen Stress gefördert. Ob die Konzentrationen an Glutathion (g-L-Glutamyl-L-Cysteinylglycin; GSH) als dem wichtigsten nicht-enzymatischen Antioxidans im Hirngewebe bei Patienten mit progressiver MS verringert ist, wurde jetzt in vivo in einer US-Bildgebungsstudie geprüft.

Ein GSH-Mapping in frontoparietalen Hirnregionen wurde bei 21 Patienten mit schubförmiger MS (RRMS), je 20 mit primär oder sekundär progressiver MS (PPMS bzw. SPMS) und 28 neurologisch Gesunden durchgeführt. Die GSH-Befunde in den vier Gruppen wurden zu klinischen Variablen wie der Behinderung nach EDSS und radiologischen Parametern wie T2-Läsionslast, Hirnatrophie, Grey- und White matter-Anteil etc. in Beziehung gesetzt.
RRMS-Patienten wiesen eine stärkere Hirnatrophie auf als die Kontrollen, aber eine geringere als die progressiv erkrankten. SPMS-Patienten zeigten signifikant größere T2-Läsionsvolumina als PPMS-Patienten (p = 0,01), ohne signifikante Unterschiede in der Hirnatrophie.
Die frontoparietalen GSH-Werte betrugen bei den Kontrollen durchschnittlich 1,22 μmol/g Hirngewebe, aber nur 1,15 bei den RRMS-, 1,05 bei den PPMS- und 1,06 μmol/g bei den SPMS-Patienten. Im Vergleich wies die MS-Gesamtgruppe (n = 61) somit beträchtlich niedrigere frontoparietale GSH-Spiegel auf als die Kontrollgruppe (-10,7%; p ≤ 0,001).
Dabei unterschieden sich die GSH-Werte der RRMS-Patienten nicht signifikant von denen der Kontrollen (p = 0,11). Dagegen verfügten die PPMS- und SPMS-Patienten über signifikant geringere GSH-Konzentrationen als die Kontrollen und die RRMS-Patienten (-8,3%; p = 0,006). Kein signifikanter Unterschied bestand zwischen PPMS- und SPMS-Patienten.
Zu den klinischen Befunden der Patienten ergaben sich – nach Kontrolle auf Patientenalter – wider Erwarten keine direkten signifikanten Relationen. Jedoch gingen niedrigere GSH-Konzentration mit einer stärkeren Hirnatrophie einher – bei allen MS-Patienten. JL
Kommentar

Die signifikant niedrigeren GSH-Spiegel bestätigen, dass oxidativer Stress auch für die progressive MS eine wichtige Rolle spielt. Die GSH-Werte korrelierten noch dazu mit der Hirnatrophie der Patienten. Die Studienhypothese wird durch den Nachweis unterstützt, dass sich die GSH-Konzentrationen bei RRMS-Patienten, die generell ja von einem Überwiegen der entzündlichen Komponente charakterisiert sind, kaum von denen der Kontrollen unterschieden.

Quelle:

Choi IY et al.: In vivo evidence of oxidative stress in brains of patients with progressive multiple sclerosis. Mult Scler 2017; 1352458517711568 [Epub 1. Juni; doi: 10.1177/1352458517711568]

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