Vorbelastete in der Hausarztpraxis

Neuro-Depesche 9/2011

Mehr als jeder Vierte hat Bipolar-Symptome

Bei 65% der Patienten mit bipolarer Störung geht die Erkrankung mit mindestens einer Achse-1-Komorbidität einher wie Angst, Depression, Substanzmissbrauch oder ADHS. Dies erschwert erst die Diagnose und dann die Behandlung. Da der Hausarzt auch für psychiatrische Erkrankungen in der Regel die erste Anlaufstelle ist, untersuchten Ärzte der University of Alberta in Kanada nun in 46 Praxen bei Patienten mit psychischen Beschwerden die psychiatrische Komorbidität. Ins­- besondere prüften sie, ob der validierte Mood Disorders Questionnaire (MDQ) einer standardisierten Feststellung bipolarer Symptome bzw. Erkrankungen dienen könnte.

Insgesamt 1304 Patienten im Alter zwischen 18 und 65 Jahren (SD: 42,5 Jahre), die sich aus allen möglichen Gründen bei ihrem Hausarzt vorstellten und während ihrer Besuche über früher oder aktuell bestehende Symptome von Depression, Angst, substanzbedingten Störungen oder ADHS berichteten, wurden in die Studie aufgenommen. Sie wurden mit dem Mood Disorders Questionnaire auf die Symptome einer bipolaren erkrankung gescreent.

27,9% der Untersuchten zeigten ein positives MDQ-Screening-Ergebnis für Symptome einer bipolaren Störung; alle 13 Items des MDQ korrelierten bei diesen Patienten signifikant (p < 0,05). Gegenüber jenen mit negativem Screening-Resultat litten die positiv Gescreenten deutlich häufiger unter Depressionen (95 vs. 82%) und Angst (89 vs. 80%). Sie wiesen außerdem häufiger einen Substanzmissbrauch (42 vs. 18%), eine ADHS (21 vs. 9%), eine bipolare Störung in der Familienanamnese (30 vs. 12%) und bisherige Suizidversuche (36 vs. 13 %) auf (jeweils p < 0,001).

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Fazit
?! Die Lebensqualität sowie das soziale und berufliche Funktionsniveau sind bei Patienten mit bipolarer Störung massiv beeinträchtigt. 80% entwickeln im Laufe ihres Lebens Suizidgedanken oder unternehmen einen Suizidversuch. Die Betroffenen suchen ihren Hausarzt häufiger in depressiven Phasen auf, werden jedoch noch nicht routinemäßig nach (hypo-)manischen Episoden gefragt. Den Studiendaten zufolge weisen in der Tat mehr als ein Viertel aller Patienten, die beim Hausarzt über psychische Probleme klagen, bipolare Symptome und damit ein erhöhtes Risiko für eine bipolare Erkrankung auf. Der MDQ erwies sich als einfaches und zuverlässiges Instrument zur Detektion einer bipolaren Symptomatik und sollte im Verlauf der Betreuung wiederholt eingesetzt werden, um ggf. möglichst früh eine spezifische Therapie einleiten zu können.

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