Unter Zuhilfenahme des Grading of Recommendations Assessment, Development and Evaluation (GRADE) wurden die im Experten-Konsens erzielten Empfehlungen für Demenz- Patienten mit Agitation und/oder Psychose in 15 Statements zusammengefasst.
Untersuchung der psychologischen und Verhaltenssymptome
1. Die Patienten sollten regelmäßig auf Art, Häufigkeit, Schwere, Muster und Timing der neuropsychiatrischen Symptome untersucht werden. (1C)
2. Dabei sollten auch Schmerz und andere potenziell modifizierbare beitragende Symptome erfasst werden sowie weitere Faktoren (z. B. Demenz- Subtyp), die die Therapiewahl beeinflussen könnten. (1C)
3. Das Ansprechen auf die Therapie von Agitation und Psychose sollte quantitativ dokumentiert werden. (1C)
Umfassender Behandlungsplan
4. Es sollte ein umfassender, Patienten-zentrierter Behandlungsplan mit den indizierten medikamentösen und nicht medikamentösen Interventionen erstellt werden. (1C)
Nutzen-/Risiko-Abwägung der Antipsychotika-Behandlung
5. Handelt es sich um keinen Notfall, sollten Antipsychotika gegen Agitation oder Psychose nur verordnet werden, wenn die Symptome schwer oder gefährdend erscheinen und/oder eine relevante Belastung für den Patienten darstellen. (1B)
6. Dabei sollte vor der Verordnung von Antipsychotika das klinische Ansprechen auf nichtmedikamentöse Interventionen geprüft werden. (1C)
7. Vor Beginn der Antipsychotika-Therapie sollten deren mögliche Risiken und Vorteile vom behandelnden Arzt abgewogen und mit dem Patienten (falls möglich) sowie den rechtlich Verantwortlichen – unter Einbeziehung der Familie und dem Umfeld – diskutiert werden. (1C)
Dosierung, Behandlungsdauer und Monitoring
8. Fällt die Risiko-/Nutzen-Abwägung zugunsten eines Antipsychotikums aus, sollte dies in einer niedrigen Dosis angesetzt und auf die minimal effektive, tolerierte Dosis auftitriert werden. (1B)
9. Entwickelt ein Demenz-Patient klinisch relevante Nebenwirkungen, sollte der behandelnde Arzt die potenziellen Risiken und Vorteile des Antipsychotikums überprüfen, um zu entscheiden, ob ein Ausschleichen/Absetzen indiziert ist. (1C)
10. Sprechen Agitation oder Psychose nach vierwöchiger Behandlung mit einem Antipsychotikum in adäquater Dosierung nicht in klinisch relevantem Ausmaß an, sollte die Medikation ausgeschlichen/abgesetzt werden. (1B)
11. Spricht ein Patient auf die Therapie an, sollte die Entscheidung über eine mögliche Dosisverringerung des Antipsychotikums mit dem Patienten (falls möglich) sowie den rechtlich Verantwortlichen – unter Einbeziehung der Familie und des Umfelds – diskutiert werden. Dabei sollten die Präferenzen und Befürchtungen thematisiert und die ursprünglichen Behandlungsziele überprüft werden. Außerdem sollten Nutzen und Nebenwirkungen sowie potenzielle Risiken einer Therapiefortführung ebenso betrachtet werden wie vergangene Erfahrungen mit Antipsychotika und Ausschleichversuchen.(1C)
12. Spricht ein Patient auf die Therapie an, sollte innerhalb von vier Monaten nach Behandlungsbeginn ein Ausschleich- und Absetzversuch unternommen werden, es sei denn, der Patient hätte bei einem früheren Versuch ein Wiederauftreten der Symptome erfahren. (1C)
13. Nach einem Ausschleichen/Absetzen des Antipsychotikums sollte der Patient wiederholt auf wiederkehrende Symptome untersucht werden: mindestens einmal monatlich während der Ausschleichphase und spätestens vier Monate nach dem Absetzen. Nach den Ergebnissen sollten das Risiko und der Nutzen der antipsychotischen Therapie überprüft werden. (1C)
Antipsychotika-Wahl im klinischen Kontext
14. Handelt es sich um keinen Notfall, und liegt kein Delirium vor, sollte Haloperidol nicht als First-line-Wirkstoff eingesetzt werden.
15. Langwirkende injizierbare Antipsychotika sollten beim Demenz-Patienten mit Agitation oder Psychose nicht eingesetzt werden, solange sie nicht aus anderen Gründen wie einer zugleich bestehenden chronischen psychotischen Erkrankung indiziert sind. (1B)
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