Antiexzitotoxische Therapie

Neuro-Depesche 12/2000

Wirkungsprinzip für mehrere Krankheitsbilder

Eine Schlüsselrolle bei neurodegenerativen Prozessen scheint die Glutamat vermittelte Exzitotoxizität zu spielen. Es erscheint daher plausibel, dass ein Wirkstoff, der sich bereits bei einem Krankheitsbild als neuroprotektiv erwiesen hat, auch in anderen Fällen erfolgreich sein kann.

Über die auslösenden Faktoren neurodegenerativer Erkrankungen weiß man bisher noch relativ wenig. Vermutet wird, dass noch nicht identifizierte exogene / endogene Trigger beteiligt und eine individuelle, eventuell genetisch determinierte Suszeptibilität vorhanden sein müssen. Bessere Einblicke hat man dagegen in das pathologisch-biochemische Geschehen. Neben oxidativem Stress, abnormer Akkumulation von Neurofilamenten oder interzellulärer Aggregation von aberranten Proteinen scheint exzitotoxischen Prozessen eine besondere Bedeutung zuzukommen. Das verhängnisvolle Zusammentreffen einer hohen extrazellulären Glutamatkonzentration mit für erregende Stimuli besonders empfängliche Nervenzellen könnte möglicherweise sogar die gemeinsame Endstrecke ätiologisch und klinisch sehr unterschiedlicher Erkrankungen darstellen. Es gibt inzwischen zahlreiche Ergebnisse aus der Grundlagenforschung bei amyotrophischer Lateralsklerose sowie Parkinson-Syndromen oder Chorea Huntington, die diese Hypothese stützen. Als viel versprechendste Option gilt gegenwärtig Riluzol, das multifaktoriell mit verschiedenen in den exzitotoxischen Prozess involvierten Strukturen interagiert. Riluzol ist seit vier Jahren zur Behandlung der amyotrophischen Lateralsklerose zugelassen, weil es die Progression der körperlichen Behinderung verzögert bzw. den Zeitpunkt der respiratorischen Insuffizienz hinausschiebt und das Leben der Patienten verlängert. Auf europäischer Ebene sind inzwischen drei klinische Studien angelaufen, in denen randomisiert und doppelblind plazbokontrolliert die therapeutische Wirkung von Riluzol bei Patienten mit Parkinson-Syndromen (n = 1 050), mit Chorea Huntington (n = 450) und mit Multisystematrophie (MSA) bzw. progressiver supranukleärer Blickparese (n = 800) untersucht wird. Zur Beurteilung der Krankheitsverläufe werden nicht nur klinische Parameter herangezogen, sondern mit bildgebenden Verfahren auch das Fortschreiten struktureller und funktioneller Veränderungen in den betroffenen Hirnregionen verifiziert. (bl-ki)

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