Metaanalyse aller Doppelblindstudien

Neuro-Depesche 3/2017

Wie wirksam ist Ketamin wirklich?

Zertifizierte Fortbildung

Etwa 33% aller Patienten mit einer Major Depression sprechen auf die zugelassenen Antidepressiva nicht an. In einer Metaanalyse aller verfügbaren Doppelblindstudien untersuchten Wissenschaftler wie wirksam der als Anästhetikum eingesetzte N-Methyl-d-Aspartat-Rezeptorantagonist Ketamin bei diesen Patienten wirklich ist.

In der Literatur gesucht wurde nach allen randomisierten, placebo- oder aktiv kontrollierten Doppelblindstudien zum Einsatz von Ketamin bei Patienten mit einer Major Depression. Die Schwere der depressiven Symptome vor sowie 24 h, 72 h und sieben Tage nach der Behandlung wurde mittels Hamilton Depression Rating Scale (HDRS), Montgomery-Åsberg Depression Rating Scale (MADRS) oder der Skala Clinical Global Impression (CGI) bestimmt. Ein Ansprechen war definiert als ein Rückgang der Skalenwerte um ≥ 50% (bzw. signifikante CGI-Besserung). Außerdem wurden die Remissionsraten (HRDS ≥ 7, MADRS ≥ 10) erfasst. Neun qualitativ hochwertige Studien mit insgesamt 368 Patienten konnten analysiert werden. In fünf davon waren die Patienten therapierefraktär, in vier Studien nicht.
Ketamin (ca. 0,5 mg/kg KG i.v.) war zu allen drei Zeitpunkten Placebo überlegen: Die Ansprechraten betrugen nach 24 h 52,2% (vs. 7,8%; Odds Ratio: 10,09; p < 0,00001), nach 72 h 47,9% (vs. 13,4%; OR: 7,42; p < 0,00001) und nach sieben Tagen 39,8% (vs. 13,4%; OR: 5,66; p < 0,00001).
Auch die Remissionsraten fielen nach den Ketamin-Infusionen deutlich höher aus: Sie lagen nach 24 h bei 20,6% (vs. 2,8%; OR: 5,25; p < 0,002), nach 72 h bei 23,8% (vs. 4,7%; OR: 4,04; p < 0,002) und nach sieben Tagen bei 26,2% (vs. 4,7%; OR: 4,60; p < 0,0008).
Die Effektstärken zu den drei Untersuchungszeitpunkten waren groß, sowohl für die Response (10,09, 7,42 bzw. 5,66) als auch für die Remission (5,25, 4,04 bzw. 4,60). Die Studien wiesen insgesamt eine sehr niedrige Heterogenität auf, eine Verzerrung (Bias) durch Nicht-Publikation negativer Studien (nach dem Egger‘s-Test) war nicht erkennbar. JL
Kommentar

Die Metaanalyse bestätigt die klinische Erfahrung, dass es unter Ketamin bei vielen Patienten zu einer sehr raschen Besserung der depressiven Symptome kommt. Dass hier auch respektable Remissionsraten erzielt werden, spricht dafür, groß angelegte klinische Studien zur Mittel- und Langzeitwirksamkeit durchzuführen.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Han Y et al.: Efficacy of ketamine in the rapid treatment of major depressive disorder: a meta-analysis of randomized, double-blind, placebo-controlled studies. Neuropsychiatr Dis Treat 2016; 12: 2859-67

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