MP in der Ära der Immunmodulation

Neuro-Depesche 9/2017

Wie wirksam ist die Therapie akuter Schübe heute?

Zertifizierte Fortbildung

Hochdosiertes Methylprednisolon (MP), zumeist intravenös verabreicht, ist die Standardbehandlung des akuten MS-Schubes. Einige Patienten sprechen darauf aber nicht an – und insgesamt ist die Wirksamkeit unter Alltagsbedingungen nicht gut belegt. Jetzt nahmen Leipziger Neurologen die Effekte unter die Lupe – bei immunmodulatorisch behandelten und nicht-behandelten Patienten.

In die prospektive Einjahresstudie wurden 108 Patienten (73 Frauen, Durchschnittsalter 34,7 Jahre) eingeschlossen: 31 mit einem klinisch isolierten Syndrom (KIS), 72 mit einer schubförmig-remittierenden MS (RRMS) und fünf mit einer sekundär-progressiven MS (SPMS) mit aufgesetzten Schüben. Von den 77 Patienten mit manifester MS war etwa die Hälfte (n = 41; 53,2%) immunmodulatorisch behandelt, und zwar im Durchschnitt seit 2,1 Jahren, zumeist mit Interferon beta (36,6%), Glatirameracetat (22,0%), Fingolimod (14,4%) und Natalizumab (9,8%). Kein KIS-Patient war immunmodulatorisch behandelt worden. Zehn bis 14 Tage nach Ende der Schubbehandlung erfolgte eine standardisierte Nachuntersuchung.
Bei den 108 Patienten wurden 119 Schübe dokumentiert, zumeist mit sensiblen (42,9%), motorischen (29,4%) und visuellen Symptomen (24,4%). 114 der 119 Schübe wurden intravenös mit hochdosiertem MP behandelt (durchschnittlich 3531,6 mg ± 1164,3 mg MP über 3,6 ± 1,0 Tage). Diese Therapie wurde durchschnittlich 13,8 Tage nach Symptombeginn begonnen.
In der Gesamtgruppe der Behandelten ging der durchschnittliche EDSS-Wert von 3,1 auf 2,6 zurück, in der MS-Gruppe von 3,5 auf 3,0 und in der KIS-Gruppe von 2,2 auf 1,4. Eine komplette Remission der Schubsymptomatik erreichten aber nur 29,2% der Patienten, eine Teilremission immerhin 38,7%. Keine Symptomveränderung fand sich bei 18,2%. Eine Verschlechterung wurde bei 4,4% der Patienten beobachtet.
Dabei unterschied sich das Outcome bei den immunmodulatorisch Behandelten insgesamt von dem der Unbehandelten: Vollremission 40,0% vs. 20,9%, Teilremission 42,2% vs. 51,2%, keine Veränderung 15,6% vs. 23,3% und Verschlechterung 2,2% vs. 2,3%. Allerdings war der Unterschied nicht signifikant (p = 0,169).
Bei 27 der 119 Schübe (22,7%) war aus ärztlicher Sicht eine eskalierte Akutbehandlung indiziert. Dies betraf zehn behandelte und 17 unbehandelte Patienten (7 CIS; 10 MS). Diese wurde in 24 Fällen auch durchgeführt: i.v.-MP in doppelter Dosis (n = 18) oder je fünf Sitzungen einer Plasmapherese (n = 2) oder Immunadsorption (n = 4). Mit diesen Interventionen erreichten von 22 auswertbaren Patienten sechs eine Voll- (27,3%) und zehn eine Teilremission (45,4%), ohne Veränderung blieben auch nach der Eskalation sechs Patienten (27,3%). JL
Kommentar

Mit einer niedrigeren Rate an Schüben plus einer höheren Rate an Vollremissionen (40% vs. 26%) unter Immunmodulatoren werden die aktuellen Therapieempfehlungen zu MP auch in einer modernen Patientenpopulation bestätigt. Da hier bei jedem fünften Patienten mit Schub die Akutbehandlung eskaliert werden musste, empfehlen die Autoren, die Ergebnisse der Schubtherapie regelmäßig zu dokumentieren.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Stopp M et al.: Outcome of MS relapses in the era of disease-modifying therapy. BMC Neurol 2017; 17(1): 151 [Epub 7. Aug,; doi: 10.1186/s12883-017- 0927-x]

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x