Familiäres versus spontanes RLS

Neuro-Depesche 1-2/2016

Wie lassen sich die Phänotypen voneinander abgrenzen?

Zertifizierte Fortbildung

Italienische Neurologen befassten sich in einer retrospektiven Kohortenstudie mit den klinischen Phänotypen des RLS. Insbesondere ging es um Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den klinischen und polysomnographischen Merkmalen von familiärem und sporadischem bzw. idiopathischem RLS sowie primären und sekundären RLS-Formen.

400 Patienten (229 weiblich) mit einer RLSDiagnose nach den bekannten IRLSSG-Kriterien waren im Durchschnittsalter von 62 Jahren und seit durchschnittlich 18,26 Jahren erkrankt. 53,5% wiesen ein fRLS auf.
Die Symptomschwere nach IRLS war im Gesamtkollektiv mit dem Alter und der Krankheitsdauer korreliert. Dies belegt den progredienten Charakter eines RLS. Frauen hatten generell ein niedrigeres Erkrankungsalter. Die Symptome traten bei jedem Fünften (21,34%) atypischerweise erst mehr als eine Studie nach Schlafbeginn auf. Bei den behandelten Patienten war der Index der Periodischen Beinbewegungen (PLM) in der Polysomnographie (PSG) niedriger, was für die Wirksamkeit der Medikamente spricht. Impulskontrollverluste und zwanghafte Verhaltensweisen fanden sich bei knapp jedem achten (13,29%) der mit Dopaminagonisten behandelten Patienten.
Im Gegensatz zur Arbeitshypothese unterschieden sich die klinischen und PSG-Befunde sowie die Komorbidität zwischen den familiären und sporadischen RLS-Fällen nur sehr wenig. Ein „Early age-at-onset“ gilt als ein Kennzeichen des genetisch disponierten familiären RLS, und in der Tat waren diese Patienten im Durchschnitt um etwa neun Jahre früher erkrankt als jene mit einem sporadischen RLS (40,44 vs. 49,03 Jahre: p < 0,001). Darüber hinaus ergaben sich keine wesentlichen Unterschiede: Weder in den PSG-Parametern wie Schlaflatenz, nächtliches Erwachen, PLM-Index, Schlafstadiendauer etc. noch in der Tagesmüdigkeit, der Symptomschwere nach IRLS (die in ers ter Linie abhängig vom Alter und der Erkrankungsdauer war) oder den Serumferritin- Spiegeln.
Die sekundären RLS-Formen zeigten einige Auffälligkeiten: Der PLM-Index war niedriger als bei jenen mit einem iRLS und die im REM-Schlaf verbrachte Zeit verkürzt. Außerdem wiesen sie eine größere Symptomschwere (IRLS: 25,36 vs. 23,33) und eine stärkere Tagesmüdigkeit (ESS: 7,43 vs. 5,79) auf (je p < 0,05). Das Alter zu Erkrankungsbeginn war entgegen der Erwartung ähnlich wie bei den idiopathischen Formen. JL
Kommentar

Die große klinische (und polysomnographische) Ähnlichkeit der verschiedenen RLS-Formen spricht für einen gemeinsamen Pathomechanismus. Dessen ungeachtet weisen viele Patienten atypische Merkmale, bspw. tageszeitlich späten Symptombeginn auf, die zusammen mit der hohen Komorbidität (z. B. an Insomnien) auch für Spezialisten eine diagnostische Herausforderung darstellen können. Eine sorgfältige Befragung und Untersuchung der Patienten erscheint wichtig, um potenziell ursächlich behandelbare sekundäre RLS-Formern zu erkennen.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Rinaldi F et al.: Defining the phenotype of restless legs syndrome/Willis-Ekbom disease (RLS/WED): a clinical and polysomnographic study. J Neurol 2016 [Epub 2. Jan.; doi: 10.1007/s00415-015-7994-y]

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