Objektive und subjektive Gründe untersucht

Neuro-Depesche 7-8/2015

Wie kommt es zu Jobproblemen bei RRMS?

Mit fortschreitender Erkrankung fällt es vielen MS-Patienten zunehmend schwerer, die beruflichen Anforderungen zu erfüllen. Dass dafür in erster Linie Aufmerksamkeits- Defizite, Einschränkungen im Arbeitsgedächtnis, Organisationsschwierigkeiten und andere exekutive Probleme verantwortlich sind, scheint naheliegend. In einer holländischen Studie wurden nun versucht, subjektive und objektive Ursachen zu ermitteln.

Von 55 Patienten mit schubförmiger MS (47 Frauen) im Alter zwischen 18 und 64 Jahren (Durchschnitt 47 Jahre), hatten noch 20 einen Job (36%), den sie entweder in Vollzeit (15%), in Teilzeit (55%) oder mit weniger als 12 Stunden pro Woche (25%) ausführten. Die übrigen 35 Personen waren ohne bezahlte Arbeit, sie waren bereits deutlich länger erkrankt als die Arbeitenden (14,0 vs. 9,2 Jahre).
Alle wurden mit dem Behavioural Assessment of the Dysexecutive Syndrome - Dysexecutiv Questionnaire (BADS-DEX) auf ihre subjektiven Einschätzungen befragt und mittels neuropsychologischer Tests, unter anderem mit dem Wisconsin Card Sorting Test (WCST), dem Trail Making Test (TMT) und dem Stroop Colour Word Test (SCWT), auf objektive Beeinträchtigungen untersucht.
Die beiden Gruppen nahmen ihre Probleme subjektiv unterschiedlich wahr. Nur 25% der arbeitenden, jedoch 60% der arbeitslosen Patienten gaben im BADS DEX Probleme bei der Organisation und Planung an. Insbesondere litten Personen ohne Arbeit im Sinne einer „kognitiven Fatigue“ häufiger unter Aufmerksamkeitsdefiziten und ließen sich leichter ablenken als Patienten im Arbeitsverhältnis (p = 0,03). Dem gegenüber ergaben sich nach den Ergebnissen von WCST, TMT und SCWT zwischen beiden Gruppen keine eindeutigen Unterschiede. Lediglich im WCST absolvierten Personen mit einem Job mit 5,7 vs. 4,8 deutlich mehr (der maximal sechs) Kategorien erfolgreich (p = 0,042; r = -0,28).
In möglichen Einflussfaktoren wie Alter und Ausbildungsgrad, Depression und Angst oder den körperlichen Funktionen konnten keine Abweichungen zwischen arbeitenden und nicht-arbeitenden MS-Patienten festgestellt werden. Außerdem bestanden auch aktuell bzw. vor der MS-Erkrankung zwischen beiden Gruppen keine Intelligenzunterschiede. NW
Kommentar

Die subjektiven Probleme im Bereich Planung und Organisation konnten objektiv nicht verifiziert werden. Ärzte sollten gemeinsam mit dem MS-Patienten versuchen, die individuellen Gründe für die Arbeitsschwierigkeiten herauszufinden, um Strategien zur Bewältigung zu erarbeiten. Neben einer fehlenden Kontrollgruppe ist für die Studieninterpretation kritisch anzumerken, dass die Gründe, weshalb aktuell kein Arbeitsverhältnis besteht, nicht eruiert wurden. Durchaus sind auch nicht krankheitsbezogene Ursachen denkbar. Interessanterweise ging in der Gruppe ohne bezahlten Job mehr als die Hälfte (57%) regelmäßig einer unbezahlten Arbeit außer Haus nach.

Quelle:

van der Hiele K et al.: Work participation and executive abilities in patients with relapsing-remitting multiple sclerosis. PLoS One 2015;10(6): e0129228. [Epub: doi:10.1371/journal.pone.0129228

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