Substanz-induzierte Psychose

Neuro-Depesche 3/2018

Wie hoch ist das spätere Schizophrenie und Bipolar-Risiko?

Zertifizierte Fortbildung

An der Uniklinik Kopenhagen wurde untersucht, wie viele Patienten in den Jahren nach einer Substanz-induzierten Psychose die Diagnose einer Schizophrenie oder bipolaren Störung erhalten. Darüber hinaus wurde nach prädiktiven Faktoren für diese Konversion gesucht.

Zwischen 1994 und 2014 erhielten dem zentralen Psychiatrie-Forschungsregister in Dänemark zufolge 6788 Personen die Diagnose einer Substanz-induzierten Psychose. Die Betroffenen wurden bis Aug. 2014 bzw. bis zur Diagnose einer Schizophrenie oder bipolaren Störung (oder Versterben/Auswanderung) nachbeobachtet und mit jeweils neun bis zehn Kontrollen verglichen. Primärer Ergebnisparameter war die kumulative Wahrscheinlichkeit für die Konversion zu einer Schizophrenie oder bipolaren Störung nach der Kaplan- Meier-Analyse. Bei 34% hatte Alkohol, bei 22% Cannabis und bei 27% eine andere Substanz bzw. ein gemischter Konsum die Psychose ausgelöst.
Von den fast 7000 Patienten mit Substanz-induzierter Psychose erhielt im Beobachtungszeitraum praktisch ein Drittel (32,2%) die Diagnose einer Schizophrenie (26,0%) oder Bipolar- Störung (8,4%). Die Hazard Ratio für eine Schizophrenie-Diagnose lag bei 77,3, für eine Bipolar-Diagnose bei 24,4.
Bei den Personen mit Cannabis-induzierter Psychose zeigte sich die höchste Konversionsrate: Hier wurde bei fast der Hälfte (47,4%) die Diagnose einer Schizophrenie (41,2%) oder einer Bipolar-Störung (6,2%) gestellt. Die Gesamtkonversionsrate betrug bei Induzierung durch andere Substanzen bzw. gemischten Konsum 35,0%, durch Amphetamine 32,3%, Halluzinogene 27,8%, Kokain 20,2%, Alkohol 22,1%, Opioide 20,9% und durch Sedativa 19,9%.
Männliches Geschlecht und jüngeres Alter (16–25 Jahre) waren in dieser Population Risikofaktoren für eine Schizophrenie-Konversion, weibliches Geschlecht und höheres Alter (> 51 Jahre) für eine Bipolar-Konversion. Ein signifikantes Schizophrenie-Konversionsrisiko zeigte sich für eine komorbide Suchterkrankung (HR: 1,19), eine Persönlichkeits- (HR: 1,29) und eine Essstörung (HR: 1,73), nicht aber für eine ADHS, Angststörung, unipolare Depression oder einen Autismus. Ein signifikantes Bipolar-Konversionsrisiko ergab sich ebenfalls für eine Persönlichkeitsstörung (HR: 1,46), ansonsten aber nur für eine unipolare Depression (HR: 2,03) und eine Angststörung (HR: 1,59), nicht aber für die übrigen Komorbiditäten.
Etwa die Hälfte aller Schizophrenie- bzw. Bipolar-Diagnosen wurde innerhalb von 3,1 bzw. 4,4 Jahren nach der Substanz-induzierten Psychose gestellt. JL

Kommentar

Substanz-induzierte Psychosen stellen einen massiven Risikofaktor für eine spätere Schizophrenie (und in geringerem Maße auch für eine bipolare Erkrankung) dar. Angesichts der langen Latenzzeiten bis zu der entsprechenden Diagnose sollte diese Patienten über mehrere Jahre nachbeobachtet werden.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Starzer MSK et al.: Rates and predictors of conversion to schizophrenia or bipolar disorder following substance- induced psychosis. Am J Psychiatry 2017 [Epub 28. Nov.; doi: 10.1176/appi.ajp.2017.17020223]

ICD-Codes: F20.9

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