Von 802 Publikationen (bis Okt. 2020) wurden 23 Studien mit insgesamt 68.796 MS-Patienten ausgewertet. In dieser Population betrug die gepoolte Rate einer komorbiden Bipolarstörung 2,95 % (95 %-KI: 2,12 % - 4,09 %). Dabei war die Studienheterogeniät außerordentlich hoch (I2: 95 %; p < 0,01).
Die geschätzte Lebenszeitprävalenz (basierend auf fünf gepoolten Studien) betrug 8,42 % (95 %-KI: 4,50 % - 15,21 %) und die Punktprävalenz 2,13 % (95 %-KI: 1,48 % - 3,07 %). In den USA war die BD-Prävalenz mit 4,70 % gegenüber Europa mit nur 1,99 % signifikant erhöht (p = 0,01).
Mehr Frauen als Männer betroffen
Subgruppenanalysen aus drei Studien zeigen, dass die BD-Prävalenz bei weiblichen MS-Patienten höher war als bei den Männern mit MS (7,03 % vs. 5,64 %), der Unterschied war jedoch nicht signifikant (p = 0,53). In vier Studien war der BD-Typ der MS-Patienten berichtetet worden: Diese Subgruppenauswertungen zeigten eine deutlich höhere Prävalenz vom BD Typ II als vom Typ I mit 5,52 % versus 2,81 %. Trotz dieser erheblichen Differenz war der Unterschied zwischen den beiden BD-Typen nicht signifikant (p = 0,27). Ursächlich für die erhöhte BD-Prävalenz könnten, spekulieren die Autoren, hirnstrukturelle Veränderungen (z. B. verringerte Kortexdicken) und immunologische Dysfunktionen sein, die verschiedenen Studien zufolge sowohl bei der MS als auch bei der BD vorzuliegen scheinen.
Aus anderen Untersuchungen ist bekannt, dass affektive Störungen bei MS-Patienten mit handfesten Problemen einhergehen: Verzögerung der MS-Diagnose und erhöhte Risiken für eine entzündliche MS-Aktivität, für Krankheitsprogression und Behinderungszunahme sowie eine erhöhte Sterblichkeit. Insofern resultiert bei komorbider BD Handlungsbedarf. HL