Von Piloten und Ärzten: posttraumatische Belastungsstörung

Praxis-Depesche 4/2015

„Was ich von Captain Sully lernte"

Selbst wenn Katastrophen ein gutes Ende nehmen, dauert es lange, bis die Beteiligten den Schock verarbeitet haben. Auch Ärzte stehen unter einer starken emotionalen Belastung. Eine Erholungspause gibt es für sie aber in der Regel nicht.

Anfang 2015 beschäftigte sich das medizinische Journal JAMA mit der posttraumatischen Belastungsstörung eines prominenten Piloten – niemand ahnte damals, wie schnell das Thema Flugsicherheit wieder eine traurige tagesaktuelle Relevanz bekommen würde.
Im Januar 2009 glückte Captain Chesley (Sully) B. Sullenberger III eine spektakuläre Rettung: Nachdem beide Triebwerke seines Jets ausgefallen waren, konnte er die Maschine mit allen Passagieren sicher im Hudson River landen. Dennoch kämpfte er, wie viele andere Beteiligte, noch lange mit einer posttraumatischen Belas - tungsstörung. Drei Monate lang konnte der Pilot nicht schlafen und sich nicht konzentrieren. Er brauchte Medikamente gegen Herzrasen und Bluthochdruck und konnte erst ein Jahr später wieder fliegen.
Krisenmanagement gibt es in der Medizin kaum. Ärzte hetzen oft von einer OP zur nächsten, egal, ob sie mit Notsituationen und manchmal auch mit dem Tod konfrontiert werden. Ihnen bleibt keine Zeit, das Erlebte zu reflektieren oder mit anderen zu diskutieren. Studien bestätigen, dass Ärzte dadurch stark emotional belastet werden, unabhängig vom Ausgang der Situation. Die Selbstmordrate von Ärzten gilt als hoch. In einer Umfrage zeigten rund 70% der Anästhesisten nach einer Notfallsituation posttraumatische Symptome und zwei Drittel fühlten sich danach in ihrer Fähigkeit, Patienten sicher zu versorgen, beeinträchtigt. OH
Quelle:

Stiegler MP: What I learned about adverse events from captain Sully. JAMA 2015; 313(4): 361-2

ICD-Codes: F43.1

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