Akut Psychose-kranke Menschen verüben Studien zufolge häufiger Gewalttaten als die Normalbevölkerung. Anhand der prospektiven Längsschnittstudie U.K. Prisoner Cohort Study an fast 1 000 Gefangenen wurden die Zusammenhänge zwischen einer schizophrenen Psychose, Wahnzuständen und gewalttätigem Verhalten untersucht – und ob eine medikamentöse Behandlung die Risiken beeinflusst.
Teilnehmer waren 180 weibliche und 787 männliche Gefangene, die aufgrund einer sexuellen oder gewalttätigen Straftat eine mindestens zweijährige Haftstrafe verbüßt hatten und nach ihrer Entlassung über durchschnittlich 39,2 Wochen nachbeobachtet worden waren. Sie wurden in vier Gruppen unterteilt: Keine Psychose (n = 742), Schizophrenie (n = 94), explizite wahnhafte Störung („delusional disorder“) (n = 29) und drogeninduzierte Psychose (n = 1 02). Vor und nach der Entlassung wurden aktive Psychosezeichen wie Halluzinationen, Gedankeneingebung, Fremdheitserleben, Verfolgungswahn mit dem Psychosis Screening Questionnaire erfasst und im Nachbeobachtungszeitraum gewalttätiges Verhalten dokumentiert.
218 der 967 Teilnehmer (22,9%) wurden erneut straffällig. Die Gruppen der psychisch Kranken zeigten in der univariaten/multivariaten Analyse keine erhöhte Wiederholungsgefahr gegenüber den Nicht-Kranken. Allerdings ging die Diagnose einer Schizophrenie bei den unbehandelten Patienten gegenüber der Straftätergruppe ohne Psychose mit einer häufigeren Gewalttätigkeit einher (Odds Ratio: 3,76; 95%-KI: 1 ,39– 10,1 9; p = 0,034). Ihr Risiko dafür war auch gegenüber den Patienten mit behandelter Schizophrenie signifikant höher (OR: 3,33; p = 0,04).
Eine unbehandelte Schizophrenie stand außerdem in Relation mit dem Auftreten eines Verfolgungswahns während des Follow-up (OR: 3,52). Letzterer war wiederum mit erneuter Gewalttätigkeit assoziiert (OR: 3,68). In den weiteren Analysen bestätigte sich der vermittelnde Effekt des Verfolgungswahns ( = 0,02; p = 0,03); er erklärte etwa 26% der Varianz für das Gewalttätigkeitsrisiko der unbehandelten schizophren Erkrankten. Für andere akute Psychosezeichen fand sich kein derartiger vermittelnder Einfluss auf die Gewalttätigkeit.
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