Nusinersen (intrathekale Injektion alle vier Monate) kann die Muskelfunktion von SMA-Patienten verbessern. Sie können motorische Meilensteine erreichen, die bei natürlichem Verlauf nicht beobachtet werden. Dass der Nutzen des ASO auch für die Behandlung präsymptomatischer Patienten gilt, also bevor motorische Fähigkeiten irreversibel verloren gehen, zeigen die aktuellen Analysen der NURTURE-Studie.
Wie Prof. Dr. Andreas Hahn, Gießen, berichtete, nehmen an NURTURE 25 Neugeborene mit genetisch gesicherter SMA teil, die vor dem Auftreten von Symptomen innerhalb der ersten sechs Lebenswochen mit Nusinersen behandelt wurden. Alle Kinder leben noch, keines bedurfte einer permanenten Beatmung oder Tracheotomie. Bei einem medianen Alter von knapp 35 Monaten (März 2019) konnten alle Kinder ohne Unterstützung sitzen; im zeitlichen Rahmen der normalen motorischen Entwicklung ca. 92 % mit und 88 % sogar ohne jegliche Hilfe laufen. „Die Zwischenauswertung der NURTURE-Studie belegt“, betonte Hahn, „dass sich der Verlauf besser beeinflussen lässt, wenn die Erkrankung früh erkannt und behandelt wird“.
Die Vorteile der frühen Behandlung auch bei Jugendlichen und Erwachsen mit späterer Manifestation der SMA („Later-onset“: Erstsymptome im Alter > 6 Monate) unterstrich PD Dr. Tim Hagenacker, Essen: „In der klinischen Praxis sehen wir, dass die Erkrankung meist langsamer verläuft als bei jüngeren Patienten, dennoch kann auch die später einsetzende SMA zu einer zunehmenden Verschlechterung oder sogar zum vollständigen Verlust motorischer Funktionen führen.“ Auch bei diesen Patienten kann eine Stabilisierung oder gar Verbesserung motorischer Defizite erreicht werden. Der Erhalt selbst gering erscheinender motorischer Fähigkeiten, z. B. der Fingerbeweglichkeit zur Bedienung von Rollstuhl oder Smartphone, kann den Alltag der Patienten entscheidend erleichtern. Schon eine Stabilisierung der SMA, so Hagenacker, geht häufig mit einem Zugewinn an Lebensqualität einher. JL