Immunmodulation durch Glatirameracetat

Neuro-Depesche 6/2004

Von der EAE zur Basistherapie der MS

Seit seiner Zulassung zur Behandlung der schubförmigen MS in Deutschland im Jahre 2001 hat sich Glatirameracetat als immunmodulatorisches Basistherapeutikum bewährt und etabliert. In einer Übersichtsarbeit wurden nun die wichtigsten präklinischen und klinischen Aspekte zusammengefasst.

Glatirameracetat ist ein synthetisch hergestelltes Polypeptid, das in seiner Zusammensetzung dem Myelin-basischen Protein (MBP) der Nervenmarkscheide ähnelt. Es hat sich bei mehreren Spezies einschließlich Primaten als immunmodulierend wirksam erwiesen, indem es die experimentelle Autoimmunenzephalitis (EAE), dem Tiermodellen der menschlichen MS, effektiv supprimieren konnte. Die immunologischen Kreuzreaktionen zwischen Glatirameracetat und antigenen Strukturen wie z. B. MBP führen offenbar zu mehreren Effekten, darunter zur Induzierung antigenspezifischer Suppressor-T-Zellen vom Th2-Typ, die unter Überwindung der Blut-Hirn-Schranke in das ZNS einwandern und direkt an der MS-Läsion über einen "Bystander suppression" genannten Mechanismus entzündungshemmende Effekte entfalten. Klinische Phase-II- und III-Studien haben die Wirksamkeit von Glatirameracetat bei Patienten mit schubförmiger MS bestätigt: Die Schubrate wurde signifikant gesenkt, die MS-Aktivität sowie die Läsionslast nach Kernspinbefunden nahmen ab und auch die Behinderungsprogredienz wurde verlangsamt. Dabei wird Glatirameracetat gut vertragen; insbesondere werden, anders als bei der Therapie mit den Beta-Interferonen, keine grippeähnlichen Beschwerden ausgelöst und keine neutralisierenden Antikörper induziert. Die unter Glatirameracetat beobachteten immunmodulatorischen, hauptsächlich durch Th2-typische T-Zellen vermittelten Effekte haben jüngst auch bei einigen anderen autoimmunologischen und neurodegenerativen Erkrankungen sowie bei Organabstoßungsreaktionen therapeutische Wirkungen gezeigt. (JL)

Quelle: Arnon, R: Immunomodulation by the Copolymer Glatiramer, Zeitschrift: JOURNAL OF MOLECULAR RECOGNITION, Ausgabe 16 (2003), Seiten: 412-421

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