ADHS-Screening bei den Eltern

Neuro-Depesche 6/2016

Viele Eltern sind selbst von ADHS betroffen

Ob die Eltern von Kindern mit einer ADHS selbst unter dieser Erkrankung leiden, kann u. a. die Therapieaussichten maßgeblich beeinflussen. In einem Kollektiv von Müttern und Vätern betroffener Kinder untersuchten deutsche Forscher nun Prävalenz und Schwere eines elterlichen ADHS. Es waren erstaunlich viele Elternteile betroffen – Väter deutlich häufiger als Mütter.

79 Kinder und Jugendliche im Alter von durchschnittlich 11,12 (± 2,59) Jahren (63 Jungen, 16 Mädchen) mit einer durch einen erfahrenen Psychotherapeuten gestellten ADHS-Diagnose (nach ICD-10-Kriterien) wurden eingeschlossen. 58 Kinder wiesen einen gemischten ADHS-Typ (F90.0, F90.1) und 21 eine ADHS vom Unaufmerksamkeits-dominierten Typ auf (F98.8). 75 Mütter und 49 Väter wurden befragt.
Anhand der Wender Utah Rating Scale (WURS-K) hatte etwa ein Viertel der Mütter (27,3%), aber knapp die Hälfte der Väter (49,1%) im Alter zwischen acht und zehn Jahren selbst an einer relevanten ADHS-Symp tomatik gelitten. Auch in den aktuellen ADHS-Symptomen nach einer Selbstbeurteilungsskala (ADHS-SB) waren die Väter (43,1%) häufiger betroffen als die Mütter (33,8%). Insgesamt litten 36,4% der Elternteile früher selbst unter einer ADHS, und 37,5% zeigten eine aktuelle ADHS-Symptomatik.
Dabei litt rund die Hälfte der Eltern (46 Mütter: 61%; 23 Väter: 46,9%) unter einer nur gering ausgeprägten ADHS (0–7 Symptome nach ADHS-SB). Eine mittelschwere Symptomatik (8–15 Symptome) wiesen 37,7% bzw. 46,9% auf, während eine schwere ADHS (> 16 Symptome) mit einer Mutter (1,3%) und drei Vätern (6,2%) selten war. Die ADHS-Subtypen korrespondierten nicht mit denen ihrer Kinder. NW
Kommentar

Angesichts der hohen Prävalenz von fast 40% sollte bei der Behandlung von ADHSkranken Kindern stets nach einer elterlichen ADHS gesucht und diese – wenn schon nicht selbst psychiatrisch behandelt – in der Therapiegestaltung berücksichtigt werden, z. B. durch eine stärkere Strukturierung des Settings. Frühere Studien haben gezeigt, dass der Erfolg multimodaler Therapien, die unter Einbeziehung der Eltern stattfinden, nicht zuletzt durch die Psychopathologie der Eltern, insbesondere der Mütter, beeinflusst wird.

Quelle:

Starck M et al.: Occurrence of ADHD in parents of ADHD children in a clinical sample. Neuropsychiatr Dis Treat 2016; 12: 581-8

ICD-Codes: F90.

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