Neuropathie auf dem iPad

Tafamidis, Patisiran, Inotersen, Diflunisal, Lebertransplantation

Neuro-Depesche 7-8/2021

Verlängern krankheitsmodifizierende Therapien auch das Überleben?

In den letzten zehn Jahren wurden mit Tafamidis, Patisiran und Inotersen drei neue Medikamente zur Behandlung von Patienten mit hereditärer Transthyretin-Amyloidose (hATTR) und Polyneuropathie zugelassen. Jetzt wurde in Sizilien retrospektiv untersucht, ob deren Einsatz im klinischen Alltag bzw. die Therapie mit Diflunisal oder die manchmal notwendige Lebertransplantation das Überleben der Patienten verlängern.
An zwei Überweisungszentren wurden 105 Patienten (68 Männer) mit genetisch gesicherter familiärer hATTR und amyloidotisch bedingter Polyneuropathie eingeschlossen. Sie wiesen ganz überwiegend Nicht-V30M-Mutationen auf, am häufigsten F64L (n = 51), gefolgt von E89Q, V122I und T49. Die Teilnehmer waren mit durchschnittlich 62,2 Jahren diagnostiziert worden, 46 von ihnen (43,8 %) waren nach einer durchschnittlichen Krankheitsdauer von 8,4 Jahren verstorben. Die noch lebenden 59 Patienten waren seit im Schnitt 6,15 Jahren erkrankt.
Von den 105 Patienten erhielten 71 eine krankheitsmodifizierende Therapie, während 34 nicht oder lediglich symptomatisch behandelt wurden. Am häufigsten (inkl. Mehrfachnennungen) eingesetzt wurde Tafamidis bei 52 Patienten (über 3,7 Jahre), Patisiran bei 20 (über 1,9 Jahre), Inotersen bei sieben (über 2,0 Jahre) und Diflunisal bei zwei Patienten (über 2,0 Jahre). Einer Lebertransplantation unterzogen sich insgesamt sechs Patienten.
 
Im Durchschnitt vier Lebensjahre mehr
In der Behandlungsgruppe starben 24 Patienten (34 %) und unter den Nicht-Behandelten 22 (65 %). Gegenüber den nicht bzw. nur symptomatisch behandelten Patienten war das mediane Überleben bei den 71 behandelten Patienten mit 12 versus 8 Jahren signifikant länger (p = 0,0004), die Hazard Ratio betrug 2,55.
 
Nur ein signifikanter Einflussfaktor
Entgegen den Erwartungen ohne signifikanten Einfluss auf das Überleben waren Herzbeteiligung (p = 0,79), Gewichtsverlust (p = 0,1) und autonome Dysfunktionen (p = 0,05) bei Diagnosestellung. Darüber hinaus unterschied sich das Überleben nicht signifikant im Vergleich der E89Q- vs. F64L-Träger (p = 0,19).
Wesentlichen Einfluss dagegen hatte die Polyneuropathie-Schwere zum Zeitpunkt der Diagnose: Patienten mit einem initialen Polyneuropathy Disability Score (PND) von 1 (Sensibilitätsstörung, erhaltene Gehfähigkeit) lebten der Kaplan-Meier-Analyse zufolge deutlich länger als Patienten mit PND-Scores von 2–4 (p = 0,0002). Im Übrigen war die Polyneuropathie nur bei 51 der 105 hATTR-Patienten spezifisch behandelt worden. HL
Fazit
hATTR-Patienten, die in Sizilien eine krankheitsmodifizierende Behandlung (meist Tafamidis) erhielten, lebten durchschnittlich vier Jahre länger als die unbehandelten. Der Überlebensvorteil war interessanterweise nicht maßgeblich mit einer Herzbeteiligung, einem Gewichtsverlust oder mit autonomen Dysfunktionen bei Diagnosestellung assoziiert, wohl aber mit der initialen Polyneuropathie-Ausprägung.
Quelle: Russo M et al.: Use of drugs for ATTRv amyloidosis in the real world: How therapy Is changing survival in a non-endemic area. Brain Sci 2021; 11(5): 545 [Epub 27. April; doi: 10.3390/brainsci11050545]
ICD-Codes: G62.9
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