Nach dem Hirninfarkt

Neuro-Depesche 4/2004

Überleben durch Antidepressiva?

Tritt nach einem Schlaganfall eine Depression auf, ist die Mortalität bis zu fünf Jahre lang erhöht. Werden unmittelbar nach dem Ereignis Antidepressiva eingesetzt, ist die Sterblichkeit langfristig reduziert, auch bei initial nicht depressiven Patienten.

Psychiater der Universität Iowa untersuchten in einer Doppelblindstudie den Einfluss von Antidepressiva auf die Sterblichkeit von Schlaganfallpatienten. 104 Patienten hatten während der Genesungsphase zwölf Wochen lang nach Randomisierung Nortriptylin, Fluoxetin oder Plazebo erhalten. Die Sterblichkeitsdaten waren nach neun Jahren verfügbar: 48,1% der Patienten waren verstorben. Die zwölfwöchige Behandlung mit Nortriptylin und Fluoxetin führte zu einem von anderen Faktoren unabhängigen, signifikanten Überlebensvorteil: Von 53 Patienten mit Antidepressiva-Therapie lebten noch 36 (67,9%), von 28 Patienten unter Plazebo aber nur zehn (35,7%). Die weitere Analyse zeigte, dass der mortalitätssenkende Effekt der Antidepressiva bei depressiven und initial nicht depressiven Patienten eintrat. Weitere signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen, etwa im Schweregrad der Erkrankung, in kognitiven Störungen, bei der Medikation oder den Alltagsaktivitäten, ergaben sich nicht. Zur Erklärung der mortalitätssenkenden Wirkung bieten sich diverse Hypothesen an, ein eindeutiges kausales Modell existiert nicht. Stellen sich die hier gewonnenen Zusammenhänge als zutreffend heraus, sollten möglicherweise alle Schlaganfallpatienten, die unter einer Depression leiden oder ein erhöhtes Depressionsrisiko aufweisen, konsequent mit Antidepressiva behandelt werden. (EJW)

Quelle: Jorge, RE: Mortality and poststroke depression: a placebo-controlled trial of antidepressants, Zeitschrift: AMERICAN JOURNAL OF PSYCHIATRY, Ausgabe 160 (2003), Seiten: 1823-1829

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