Gen-Editing macht’s möglich

Neuro-Depesche 10/2020

Therapiefortschritte bei Morbus Huntington

Die Huntington-Krankheit (HD) ist eine autosomal vererbte, progressive, neurologische Erkrankung, gegen die eine Vielzahl symptomatischer Behandlungen eingesetzt wird. Unter den vielfältigen neuartigen Therapieansätzen, die in einem Review dargestellt werden, befinden sich auch aussichtsreiche Entwicklungen, deren Target das mutierte Huntingtin-Gen bzw. -Protein ist. U. a. macht das Gen-Editing große Fortschritte.
Hintergrund: Ursache der HD-Pathologie ist eine Expansion des Cytosin-Adenin- Guanin(CAG)-Repeats innerhalb des Huntingtin-Gens (HTT) auf Chromosom 4 (4p16.3), das für das Huntingtin- Protein (HTT) codiert. Normal sind 27 bis 35 CAG-Repeats, ab 36 Repeats kommt es zu Symptomen. Die CAG-Repeats lassen sich mit neuen Gen-Editing-Techniken reduzieren. Neben kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen prägen vor allem motorische Symptome (Chorea) das klinische Bild.
 
DNA- und mRNA-Therapien
Wichtige Fortschritte innovativer Ansätze betreffen die DNA und die mRNA des mutierten HTT-Gens und die Expression des HTT-Proteins. Auf die DNA gerichtete Therapien umfassen Zinkfingerproteine (ZFP) und das Clustered-Regular-Interspaced- Short-Palindromic-Repeats-assoziierte System (CRISPR-Cas9). Sie waren bislang nur in Nagermodellen wirksam.
ZFP stellen eine sehr häufige Proteigruppe dar, die verschiedene Funktionen hat und u. a. DNA-, RNA- und Proteinfunktionen reguliert. Sie können potenziell therapeutisch eingesetzt werden, weil sie an spezifische DNA-Sequenzen binden. ZFP konnten in transgenen Nagermodellen die mHTT-Expression reduzieren, ohne die Expression anderer Gene bzw. des HTT-Wildtyps zu beeinflussen.
CRISPR-Cas9 ist an bakteriellen Abwehrmechanismen gegen Viren beteiligt und kann Fremd-DNA zerstören. Über die Eliminierung von CAG-Repeats produziert die (2020 mit dem Chemie-Nobelpreis prämierte) „Genschere“ unschädliche Allele. Die Insertion von Stop-Codon/ Missense-Mutationen bringt die mHTTExpression zum Erliegen.
Bei HD140Q-Knock-in-Mäusen wurde gezeigt, dass CRISPR-Cas9 die mHTT-Expression reduzierte und die Motorik verbesserte, aber die Lebensdauer der Tiere nicht verlängerte. Ekman et al. zeigten, dass CRISPR-Cas9 zur mHTT-Editierung eingesetzt werden kann. Nach intrastriataler Verabreichung wurden nicht nur die motorischen Funktionen der R6-Mäuse verbessert, auch ihr Überleben wurde verlängert.
Daneben werden Ansätze erforscht, die gegen die mHTT-mRNA gerichtet sind. Die wichtigsten vier sind RNA-Interferenz- Präparate (RNAi), Antisense-Oligonukleotide (ASO), neue virale Vektoren (AAV1, AAV5, AAV9, AAV-PHP.B, CREATE) und „Small molecules“ (niedermolekulare Spleißmodifikatoren) wie RG7800 und RG7916. Letztere wurden auch schon in Primatenmodellen des Morbus Huntington erfolgreich eingesetzt. JL
Fazit
Zusammen mit verbesserten Analyseund Diagnosetools werden neuartige Therapien dazu beitragen, das klinische Outcome beim Morbus Huntington zu verbessern, die Lebensqualität und möglicherweise auch die Lebenserwartung der Patienten zu erhöhen.
Quelle: Kumar A et al.: Therapeutic advances for Huntington‘s Disease. Brain Sci 2020; 10(1): 43 [Epub 12. Jan.; doi:10.3390/brainsci10010043]

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