„Erst vor etwa 20 Jahren wurde nachgewiesen, dass die Analgesie mit einer Aktivierung der Cannabinoid-Rezeptoren zusammenhängt“, erläuterte
Prof. Beat Lutz, Mainz. THC aktiviert die CB1-/CB2-Rezeptoren, während CBD das zentralnervöse Endocannabinoidsystem moduliert, so dass die psychostimulierende THC-Wirkung antagonisiert wird. Dass CBD zudem dazu beitragen kann, das „Schmerzgedächtnis“ zu löschen, kann sich günstig auf die Therapie chronischer neuropathischer Schmerzen auswirken. In einer kleinen Studie konnte gezeigt werden, dass CBD als Add-on die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung verringern kann (
Elms L et al., J Altern Complement Med. 2019).
„Für das Fertigarzneimittel Sativex liegen umfangreiche Daten sowohl aus qualitativ hochwertigen, kontrollierten Studien als auch aus dem Versorgungsalltag vor, die dessen Einsatz vor allem zur Behandlung neuropathischer Schmerzen sinnvoll erscheinen lassen“, berichtete PD Michael Überall, Nürnberg. Dies zeigen u. a. Daten aus der „Real-World“ des von der DGS unterstützten Praxis Registers Schmerz: Von derzeit 1.224 Patienten mit schwer zu therapierenden, meist neuropathischen (62,5 %) bzw. gemischten (30,8 %) Schmerzen, die Cannabinoide erhielten, wurden 800 (65,4 %) mit dem THC:CBD-Oromukosalspray als Add-on behandelt. Darunter kam es zu jeweils signifikanten Verbesserungen von Schmerzintensität, schmerzbedingten Alltagsbeeinträchtigungen, körperlicher/seelischer Lebensqualität, allgemeinem Wohlbefinden, Depressivität, Angst und Stress (je p < 0,001). „Die Daten zeigen deutlich, dass die Response beim Patienten umso höher ausfällt, je stärker die neuropathische Komponente das Schmerzsyndrom dominiert“, berichtete Überall. So reduzierte sich der Anteil an Patienten mit neuropathischen Kardinalphänomenen von 62,5 % auf 24,1 % – und die Patienten mit neuropathischen Schmerzen selbst berichteten zu 76 % eine erhebliche Besserung. Für eine erfolgreiche Behandlung sollte also der Schmerzphänotyp der Patienten identifiziert werden.
Besonders praxisrelevant ist, dass unter der Therapie mit dem THC: CBD-Spray viele Patienten (35,6 %) ihre Schmerz-Dauermedikation und noch mehr (47,9 %) ihre Bedarfsmedikation verringern konnten. „Eine Verbesserung in welcher Form auch immer haben neun von zehn Patienten gezeigt. Und vier von zehn haben eine Reduktion bezüglich dieser für den Erhalt der Chronifizierung psychologisch entscheidenden Faktoren wie Depressivität, Angst und Stress erlebt“, fasste Überall in Frankfurt zusammen. Im Übrigen brachen nur 4 % die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen wie unangenehmer Geschmack und Appetitsteigerung ab.
„Diese Real-World-Daten“, so das Fazit von Überall, „belegen die Behandlungserfolge mit dem THC: CBD-Oromukosalspray bei chronischen, anderweitig therapierefraktären Schmerzen“. NM