Älteres Paar tanzt miteinander

Erstaunliche Ergebnisse nach drei Jahren

Neuro-Depesche 11-12/2021

Tanzen „stoppt“ die Progression

Bisher wurde für keine Parkinson-Medikation gezeigt, dass sie die Kranheitsprogression stoppen kann. Könnte dies durch zur symptomatischen Besserung eingesetzte Interventionen zur körperlichen Aktivierung gelingen? Anscheinend ja: Dass die Teilnahme an Tanzkursen nicht nur die motorische, sondern auch die nicht-motorische Kranheitsprogression verlangsamen kann, wurde jetzt eindruckvoll in einer kleinen Dreijahresstudie belegt.
16 Parkinson-Patienten (durchschnittl. 68,7 Jahre, Hoehn & Yahr- Stadium 1,3) nahmen über einen Zeitraum von drei Jahren einmal pro Woche an Tanzkursen teil. Ihre Progression nach MDS-UPDRS wurde mit der von 16 nicht tanzenden Parkinson-Patienten als Referenzgruppe (durchschnittl. 69,8 Jahre, Hoehn & Yahr-Stadium 1,6) verglichen.
 
Sehr wirksame Reha-Maßnahme
Während die Referenzgruppe über drei Jahre die erwartete motorische Verschlechterung zeigte (p < 0,01), lag die motorische Progressionsrate („Slope“) bei den Patienten der Tanzgruppe (durchschnittliche Übungsdauer: 85,5 h) bei null, die Zunahme des UPDRS-III-Scores war nicht signifikant (p = 0,817). Patienten, die einmal pro Woche tanzten, wiesen am Ende einen durchschnittlichen UPDRS-III-Score von 18,75 vs. 24,61 in der Referenzgruppe auf (p < 0,05). Auf fünf Jahre hochgerechnet ergab sich ein UPDRS-III-Unterschied von 19,07 vs. 28,27 Punkten.
Überraschenderweise schritten auch die Scores für nicht-motorische und motorische Aspekte der Alltagsaktivitäten (UPDRS I/II: p = 0,329 bzw. p = 0,540) sowie für motorische Komplikationen (p = 0,390) in der Interventionsgruppe nicht signifikant fort. JL
Fazit
Beim Morbus Parkinson verschlechtert sich die Motorik in den ersten fünf Jahren nach der Diagnose besonders schnell (um bis zu 8,9 Punkte jährlich). Das häufige Tanzen, das allerdings auch soziale und Gruppendynamik-Effekte beinhaltet, hat hier sowohl die motorische als auch die nicht-motorische Symptomprogression der Parkinson- Patienten über drei Jahre stark verlangsamt bzw. teilweise praktisch zum Stillstand gebracht. Daher dürfte sich diese Form einer „multisensorischen Therapie“ vorteilhaft in der Rehabilitation einsetzen lassen. Selbstverständlich stellt die kleine Gruppengröße eine wesentliche Einschränkung dieser Studie dar, ihre lange Dauer dagegen einen Vorteil. 
ICD-Codes: G20
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