Substituierte Opioidabhängige

Neuro-Depesche 4/2022

Suizidversuche bei mehr als 40 Prozent

Zertifizierte Fortbildung

Über Suizidversuche unter substituierten Opioidabhängigen liegen nur wenige Erkenntnisse vor. In einer norwegischen Querschnittsstudie wurden in dieser Patientengruppe nun die Inzidenz von Suizidhandlungen und mögliche Risikofaktoren dafür untersucht.

Anhand der Daten einer Kohorte von 595 mit Methadon oder Buprenorphin behandelten Patienten (2016 bis 2020) wurden die Lebenszeitprävalenz selbstberichteter Suizidversuche und ihre Zusammenhänge mit soziodemografischen und klinischen Merkmalen untersucht. Darunter befanden sich Bildungsstatus, Geschlecht, früher Beginn eines Substanzkonsums (< 13 Jahre), Substanzkonsummuster und injizierte Substanzen in den 30 Tagen vor der Gesundheitsbewertung. Die Teilnehmer waren durchchnittlich erst 44 Jahre alt.
 
Inzidenz und Risikofaktoren
41 % der substituierten Patienten hatten im Laufe ihres Lebens mindestens einmal versucht, sich das Leben zu nehmen (46 % der Frauen, 39 % der Männern). 10 % berichteten ≥ 4 Suizidversuche (s. Abb.).
 

Es fand sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen Suizidversuchen und Geschlecht (Incidence Rate Ratio [IRR]: 1,2, 0,9 - 1,6) oder Bildung (IRR: 0,6; 0,2 - 2,1). Mit Suizidversuchen stark und signifikant assoziiert war aber ein früh begonnener Substanzkonsum (IRR: 1,7; 1,3 - 2,2). Die Zusammenhänge mit allen übrigen Variablen erreichten keine Signifikanz: so mit injizierendem Substanzgebrauch (Odds Ratio [OR]: 0,9; 0,6 - 1,3), mit Alkoholkonsum (OR: 0,9; 0,7 - 1,3), mit Amphetaminen (OR: 1,0; 0,7 - 1,3) und Benzodiazepinen (OR: 1,0; 0,7 - 1,4). Ein nicht-signifikanter, tendenzieller Zusammenhang mit Suizidversuchen fand sich mit dem Konsum von Cannabis (OR: 1,2; 0,9 - 1,7), Kokain (OR: 1,3; 0,6 - 3,0) und Opioiden (OR: 1,4; 0,9 - 2,0). JL

Fazit

Der Tod durch Suizid ist bei substituierten Opiatabhängigen ein großes klinisches Problem. Die Lebenszeitprävalenz von Suizidversuchen in der Bevölkerung liegt bei etwa 4 %, in der hier untersuchten Kohorte beim Zehnfachen – und damit auf einem ähnlichen, erscheckend hohen Niveau wie bei anderen schweren psychiatrischen Erkrankungen. Ein früher Beginn des Substanzkonsums erwies sich hier als der wichtigste Risikofaktor.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Vold JH et al.: Prevalence and correlates of suicide attempts in high-risk populations: a cross-sectional study among patients receiving opioid agonist therapy in Norway. BMC Psychiatry 2022 ;22(1): 181 [Epub 15. März; doi: 10.1186/s12888-022-03829-y]

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